Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1736
Arbeitsverhältnisse zwischen Familienangehörigen (insb. mit Ehegatten und Kindern) sind wegen ihrer steuerlichen Vorteile insb. in mittelständischen Unternehmen und in freiberuflichen Praxen ein weitverbreitetes und beliebtes Gestaltungsmittel. Der Arbeitgeber kann die Gehaltszahlungen an seinen mitarbeitenden Ehegatten oder seine mitarbeitenden Kinder inklusive der Lohnnebenkosten (Sozialversicherungsbeitrag, Arbeitslosenversicherung, Krankenkasse) und sonstiger freiwilliger Sozialleistungen als Betriebsausgabe absetzen. Gewährt der Arbeitgeber dem mitarbeitenden Familienangehörigen eine betriebliche Altersversorgung, sind hierfür Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG zu bilden, sofern er sich hierzu einer unmittelbaren Pensionszusage bedient. Wird die Altersversorgung über eine Direktversicherung oder Unterstützungskasse gewährt, sind die Auf- bzw. Zuwendungen hierfür als Betriebsausgabe ebenfalls Gewinn mindernd.
Rz. 1737
Hinweis
Aufseiten des mitarbeitenden Familienangehörigen sind die Lohnzahlungen zwar als Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit zu versteuern. Dafür kann er aber – derzeit noch – auch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000,00 EUR beanspruchen und seine Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis als Werbungskosten geltend machen.
Rz. 1738
Das Motiv zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses ist für die steuerliche Anerkennung ohne Bedeutung; es kann also auch allein steuerlicher Natur sein. Die Vorteile eines Arbeitsverhältnisses unter Familienangehörigen gehen aber noch weiter: Der Arbeitnehmer verschafft sich eigene gesetzliche und/oder betriebliche Versorgungsansprüche und eigenständigen Krankenversicherungsschutz. Darüber hinaus unterläge ohne ein entsprechendes Arbeitsverhältnis die durch eine gleichwohl und dann unentgeltlich erfolgte Mitarbeit geschaffene Wertsteigerung des Unternehmens im Fall einer Insolvenz dem uneingeschränkten Gläubigerzugriff. Für eine unentgeltlich erbrachte Arbeitsleistung allein auf der Grundlage einer bestehenden Ehe würden im Fall der Ehescheidung auch keine Ausgleichsansprüche geltend gemacht werden können.
Rz. 1739
Mithin sind neben der faktischen Notwendigkeit einer Mitarbeit des Ehegatten oder der Kinder die sich bei Bestehen eines formell wirksamen Arbeitsvertrages steuer-, sozial- und zivilrechtlich ergebenden Rechtsfolgen für beide Vertragsparteien durchaus attraktiv. Die gleichwohl zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen sollen nachfolgend unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Anerkennung von Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten, die mit Ausnahme der eherechtlichen Besonderheiten grds. auch auf Verträge mit Kindern übertragbar ist, dargestellt werden.
Rz. 1740
Auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind die Rahmenbedingungen für ein Ehegatten-Arbeitsverhältnis grds. nicht zu übertragen (Urt. v. 14.4.1988 – IV R 225/85 – BStBl 1988 II, 670 = NJW 1988, 2135; Nds. FG, Urt. v. 16.11.2016 – 9 K 316/15, EFG 2017, 482). Gleichwohl empfiehlt es sich, im Hinblick auf eine ggf. kritische Prüfung durch die Finanzverwaltung zur Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen auch bei einem Arbeitsverhältnis mit einem nichtehelichen Lebenspartner die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei einem Ehegatten-Arbeitsverhältnisses.
I. Zivilrechtliche Rahmenbedingungen
1. Allgemeine Voraussetzungen
Rz. 1741
Wird ein Ehegatte lediglich aufgrund einer "familienrechtlichen Verpflichtung" im Unternehmen des anderen Ehegatten tätig, begründet sich hieraus noch kein Arbeits- oder Dienstverhältnis i.S.v. § 611 BGB. Eine entsprechende familienrechtliche Verpflichtung besteht für Ehegatten grds. nicht. Im Gegensatz zu der früheren Regelung in § 1356 Abs. 2 BGB sieht dessen aktuelle Fassung sogar für jeden Ehegatten das Recht vor, während der Ehezeit einer eigenständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Jeder Ehegatte kann somit seine Erwerbstätigkeit nach freiem Ermessen ausüben. Daher besteht eine familienrechtliche bzw. eherechtliche Pflicht zur Mitarbeit im Unternehmen des anderen Ehegatten nur noch ausnahmsweise i.R.d. "ehelichen Beistandspflicht" nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB, also nur noch in besonderen Zwangssituationen wie z.B. beim Aufbau und Gründung eines Unternehmens oder akuten Personalproblemen in einer freiberuflichen Praxis (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1356 Rn 6 m.w.N.; Dauner-Lieb/Wellenhöfer, BGB Bd. 4, Familienrecht, § 356 Rn 12; ErfK/Preis, § 611 Rn 133; Schulz, NZA 2010, 75) oder wenn es sich nur um eine gelegentlich ausgeübte und zeitlich beschränkte Aushilfstätigkeit handelt (LAG Rheinland-Pfalz v. 28.1.2002 – 7 Sa 1390/01, DB 2002, 2050).
Rz. 1742
Unbestritten ist, dass die nach § 1356 Abs. 2 BGB mögliche Erwerbstätigkeit des Ehegatten auch im Unternehmen des anderen Ehegatten ausgeübt werden kann. Ob dabei neben den eherechtlichen Beziehungen ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorliegt, richtet sich zunächst einmal nach dem Willen der Beteiligten, aber auch nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei spielen u.a. d...