Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1847
Vom Gesetz zugelassen ist die Arbeitnehmerüberlassung nur mit besonderer gewerberechtlicher Erlaubnis. Fehlt die Erlaubnis, d.h. wurde sie dem Verleiher niemals erteilt oder wurde sie ihm nachträglich wieder entzogen, wird die Arbeitnehmerüberlassung unerlaubt betrieben, selbst dann, wenn sich der Verleiher an alle sonstigen Vorschriften des AÜG hält. Die Erlaubnisbehörde kann im Wege des Verwaltungszwangs den weiteren Verleih untersagen (§ 6 AÜG). Im Streit um die Erlaubnisversagung scheidet einstweiliger Rechtsschutz auf "vorläufige" Erlaubniserteilung jedenfalls dann aus, wenn berechtigte Zweifel an der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG erforderlichen Zuverlässigkeit des Verleihers bestehen (LSG Baden-Württemberg v. 11.3.2011 – L 13 AL 3438/10).
In diesem Fall ist der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 AÜG unwirksam, es sei denn der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
Unwirksam sind seit der AÜG-Reform 2017 nach der neu eingefügten Regelung in § 9 Abs. 1a AÜG auch Leiharbeitsverträge, wenn entgegen § 1 Abs. 1 S. 5 und 6 die AÜG Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält. Im Fall einer Festhaltenserklärung kommt nicht gem. § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande (BayObLG v. 22.1.2020 – 201 ObOWi 2474/19). Die Festhaltenserklärung hat jedoch keine legalisierende Wirkung im Hinblick auf den vorangegangenen Verstoß gegen die Erlaubnispflicht, das Offenlegungsgebot oder die Überlassungshöchstdauer und ändert somit nichts am Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit (BayObLG v. 22.1.2020 – 201 ObOWi 2474/19).
Gleichermaßen unwirksam sind Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält.
Unwirksam sind nach § 9 AÜG ferner Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b AÜG beschränken, Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus, Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen sowie Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.
Rz. 1848
Die Erklärung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1a und 1b (Festhaltenserklärung) ist zunächst jeweils schriftlich gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher abzugeben. Hierfür gilt ähnlich der Regelung in § 613a Abs. 6 BGB eine Frist von einem Monat. Ein wesentlicher Unterschied zum Widerspruchrecht beim Betriebsübergang liegt aber darin, dass dort die Frist durch das Informationsschreiben ausgelöst wird, wohingegen die Frist zur Abgabe der Festhaltenserklärung an Ereignisse anknüpft, von denen der Leiharbeitnehmer in der Praxis häufig keine Kenntnis haben wird. Um die Abgabe einer Festhaltenserklärung durch allgemeine Geschäftsbedingungen zu vermeiden, regelt § 9 Abs. 3 S. 1 AÜG die Unwirksamkeit von Festhaltenserklärungen, welche vor Beginn der maßgeblichen Fristen abgegeben wurden.
Ferner stellt § 9 Abs. 2 AÜG weitere Anforderungen an die Wirksamkeit von Festhaltenserklärungen auf. Diese müssen vom Leiharbeitnehmer vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorgelegt werden, die Agentur für Arbeit muss die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versehen, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und die Erklärung muss spätestens am dritten Tag nach der Vor...