Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 88
Grds. gilt für den Abschluss eines Arbeitsvertrages die auch verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte Vertragsfreiheit als elementares Prinzip des Privatrechtes. Diese Vertragsfreiheit umfasst sowohl die Abschluss- als auch die Gestaltungsfreiheit. Die Arbeitsvertragsparteien können mithin Inhalt und Form eines Arbeitsvertrages grds. frei bestimmen. § 105 S. 1 GewO stellt dabei klar, dass die Vertragsfreiheit allerdings durch zwingendes Gesetzesrecht, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung – soweit sie keine Öffnungsklauseln für abweichende Vereinbarungen enthalten – eingeschränkt ist.
Rz. 89
Das Gesetz gibt keine Form für den Abschluss eines Arbeitsvertrages vor; § 105 S. 2 GewO enthält die für die Praxis, insb. bei den kleinen und mittleren Unternehmen, notwendige Klarstellung, dass sich auch bei grundsätzlicher Formfreiheit des Arbeitsvertrages eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Niederschrift der wesentlichen Bedingungen des Arbeitsvertrages aus dem NachwG ergibt. Der Arbeitgeber kann seiner Informationspflicht auf verschiedene Weise nachkommen, denn er kann dem Arbeitnehmer
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entweder einen schriftlichen Arbeitsvertrag und/oder |
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ein Anstellungsschreiben und/oder |
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ein anderes Schriftstück oder mehrere andere Schriftstücke |
aushändigen, wenn eines dieser Dokumente mindestens alle Angaben nach § 2 NachwG enthält. Die sog. Pflichtangeben sind in dem zum 1.8.2022 novellierten NachwG in erheblichem Umfang erweitert worden. Da die "wesentlichen" Bedingungen des Arbeitsvertrages ohnehin in der Nachweismitteilung enthalten sein müssen, empfiehlt es sich, von vornherein schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen. Der Abschluss schriftlicher Arbeitsverträge schafft zudem Rechtssicherheit und dient als Urkunde auch Beweiszwecken.
Die Gestaltung der Arbeitsverträge kann auf Basis der nachfolgenden Muster erfolgen, die i.R.d. rechtlich Zulässigen individuell den jeweiligen Erfordernissen des Einzelfalles anzupassen sind.
Rz. 90
Arbeitsverträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind Verbraucherverträge i.S.v. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB, vgl. BAG v. 26.10.2017 – 6 AZR 158/16. Der Arbeitnehmer handelt als Verbraucher i.S.v. § 13 BGB, der Arbeitgeber als Unternehmer i.S.v. § 14 Abs. 1 BGB (vgl. BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 347/14). Beim Einsatz von Vertragsmustern im Arbeitsrecht ist daher zu beachten, dass eine Überprüfung der vom Arbeitgeber vorformulierten Regelungen nach den §§ 305 ff. BGB erfolgt.
Rz. 91
Für Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen gilt dies jedoch aufgrund der in § 310 Abs. 4 S. 1 BGB geregelten Bereichsausnahme nicht.
Rz. 92
Eine uneingeschränkte Übertragung der allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäbe in das Arbeitsrecht hat allerdings nicht zu erfolgen, denn der Gesetzgeber hat in § 310 Abs. 4 S. 2 BGB ausdrücklich angeordnet, dass bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB die Besonderheiten des Arbeitsrechtes zu berücksichtigen sind. Das BAG hat zur Definition der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten klargestellt, dass "die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten" sich nicht auf spezielle Gegebenheiten innerhalb des Arbeitsrechts beziehen, sondern für das Arbeitsrecht im Ganzen gelten (BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727). Für die Annahme einer Besonderheit des Arbeitsrechts ist es schon ausreichend, dass sich ein rechtlicher Umstand nicht ausschließlich, aber besonders im Arbeitsrecht auswirkt. Ferner hat das BAG in seinen Entscheidungen klargestellt, dass die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten auf den gesamten Abschnitt der §§ 305–310 BGB und damit auch auf die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit nach § 309 BGB Anwendung finden.
Im Einzelnen ist bei der Vertragskontrolle im Arbeitsrecht nach den §§ 305–310 BGB von Folgendem auszugehen:
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Rz. 93
Die Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB gilt nur für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das sind gem. § 305 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Damit fällt ein Arbeitsvertrag, der vom Arbeitgeber gestellt wird und der für eine mehrfache Verwendung vorgesehen ist, unter den Anwendungsbereich. Mehrfach ist eine drei- bis fünffache Verwendung, wobei die AGB-Kontrolle schon im ersten Verwendungsfall einsetzt (BAG v. 1.3.2006, NZA 2006, 746; Gotthardt, ZIP 2002, 278). Gleiches gilt auch für alle anderen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, etwa auch bei formularmäßig verwendeten Aufhebungsvereinbarungen oder von Arbeitnehmern abgegebene Schuldversprechen (BAG v. 21.6.2011 – 9 AZR 203/10; BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 137/14).
2. Einbeziehung in den Vertrag
Rz. 94
Nach § 305 Abs. 2 BGB werden AGB nur dann Vertragsbestandteil, wenn der Verwender auf sie hinweist und ihre Kenntnisnahme ermöglicht. Diese Bestimmung ist nach § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BGB auf Arbeitsverträge nicht anzuwenden, was vom Gesetzgeber mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG begründ...