Peter Houben, Dr. iur. Martin Schimke
Rz. 1589
Da angestellte Vertriebskräfte im Außendienst ihre Leistungen noch immer größtenteils außerhalb des Betriebs und daher außerhalb des Einwirkungs- und Kontrollkreises des Arbeitgebers erfüllen, sind Kontrollmaßnahmen ihnen ggü. nur schwer durchführbar. Daher kann Kontrolle, so sie denn nicht durch technische Einrichtungen erfolgt (vgl. zu den Möglichkeiten digitaler Überwachung mobiler Arbeit vgl. im Einzelnen, Göpfert, DB 2016, 1015 ff., GPS-Ortung, dort unter II.1, Mobiltelefon-Ortung, dort unter III.3 und Notebook- bzw. Tablet-Ortung, dort unter III.6; vgl. ferner Grimm, jM 2016, 17 ff.; sowie Müller/Becker, FA 18, 74 zur den datenschutzrechtlichen Einschränkungen der Arbeitszeiterfassung durch Geräte mit GPS-Funktion), nur auf Berichtspflichten des Außendienstmitarbeiters aufsetzen.
Berichte umfassen vordergründig Informationen über Umsätze, Anwerben von Neukunden, Häufigkeit der Besuche, Kosten und das Fahrverhalten der angestellten Vertriebskräfte. Eine Möglichkeit, etwa die gefahrenen Kilometer und die aufgewendete Zeit zu überprüfen, ist die Speicherung von Kundenberichten mit der aufgewendeten Zeit in einem Laptop oder Tablet wie auch das Benutzen mobiler Datenerfassungssysteme (vgl. Hunold, Arbeitsrecht im Außendienst, S. 122, 127 ff.). Verletzungen dieser Informationspflichten können zu arbeitsvertraglichen Konsequenzen wie Abmahnung, Versetzung oder gar Kündigung führen. Zwar lässt sich die Kontrolle auch mittels Einsatzes technischer Hilfe, und zwar durch Einsatz von GPS und Handy-Ortung erreichen, indem diese Daten im Navigationssystem des Dienstwagens oder durch den Einbau eines entsprechenden GPS-Trackers in das Fahrzeug erfasst und ausgelesen werden. Nach der im Strafverfahrensrecht ergangenen Rechtsprechung stellt die Aufenthaltsbestimmung über Ortungssysteme jedoch einen sehr weitgehenden Eingriff in die Persönlichkeitssphäre dar, der nur gerechtfertigt ist, wenn es um die Aufklärung von Sprengstoffanschlägen und damit um die Aufklärung von besonders schweren Delikten geht (BGH v. 24.1.2001 – 3 StR 324/00, NJW 2001, 1658). Das Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitsablauf der angestellten Vertriebskraft effektiv zu koordinieren, kann einen solchen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Aufenthaltsbestimmung nicht rechtfertigen. Ungeachtet dessen wäre die GPS-Überwachung der angestellten Vertriebskräfte nicht erforderlich, da diese verpflichtet werden können, während der Wahrnehmung von Terminen außerhalb des Betriebs des Arbeitgebers per Mobilfunktelefon erreichbar zu sein, um deren Aufenthalt erfragen und ggf. neue Anweisung für Änderung der Route der Kundenbesuche anordnen zu können (Däubler, NZA 2017, 1481, 1485). Im Falle einer unerlaubten Datenerhebung setzt sich der Arbeitgeber zudem ggf. der Zahlung eines Bußgeldes gem. Art. 83 DSGVO aus.
Rz. 1590
Zu beachten sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 6, 10, 99 BetrVG, soweit der Arbeitgeber zur Kontrolle der angestellten Vertriebskräfte technische Einrichtungen zu verwenden beabsichtigt, die dazu geeignet sind, Leistungen und Verhalten derselben zu überwachen. In diesem Fall hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht, weil die Vertriebskräfte nicht ohne Wissen und Zustimmung des Betriebsrats anonym und automatisch ständig durch den Arbeitgeber überwacht werden sollen (MüKo/Thüsing, § 59 Rn 197). Dabei genügt es, dass die technische Einrichtung aufgrund ihrer Eigenschaften und ihres konkreten Einsatzes objektiv zur Überwachung der Vertriebskräfte geeignet ist, ohne dass es darauf ankäme, ob dies nur ein Nebeneffekt der technischen Einrichtung ist oder ob die erfassten Daten vom Arbeitgeber ausgewertet werden (MüKo/Thüsing, § 59 Rn 197). Auch hinsichtlich der Verwendung von GPS-Ortungsgeräten ist ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht ausgeschlossen, wenn das Fahrzeug über technische Einrichtungen verfügen soll, die objektiv dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung von Vertriebskräften wie Verkaufsleiterin und Verkäufern zu überwachen (LAG Köln v. 13.1.2020 – 9 TaBV 66/19, juris Rn 28; Schiefer/Buse, DB 2017, 2097, 2099), und es nicht etwa darum geht, dass der Arbeitgeber ausnahmsweise und ggf. abweichend von einer Dienstwagenregelung einer angestellten Vertriebskraft eine besondere Ausstattung des Dienstwagens oder sonstige Vergünstigungen zusichert (Übernahme von Benzinkosten, private Nutzung), die anderen Arbeitnehmern nicht zustehen (LAG Köln v. 13.1.2020 – 9 TaBV 66/19, juris Rn 28; Moll/Roebers, DB 2010, 2672). Wenn der Arbeitgeber mit einem System Produktivität messen, Belastungssituationen ausgleichen und Kapazitäten steuern will, so darf er diesen Zweck grundsätzlich verfolgen, auch soweit dies durch technische Messungen unterstützt wird. Entscheidend ist, dass die Daten, die gemessen werden, und der Umfang, in dem diese Messungen durchgeführt werden einerseits und der Zweck der Verarbeitung andererseits in einem ange...