Rz. 106
Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, der erkrankt, beurlaubt oder aus anderen Gründen vorübergehend an der Arbeitsleistung verhindert ist, ist als sachlicher Befristungsgrund seit langem anerkannt. In der Praxis wichtigster Vertretungsfall ist die Inanspruchnahme von Elternzeit bzw. der Mutterschutzfristen nach dem MuSchG. Weitere Fälle sind Erholungs- und Sonderurlaubsvertretungen, die Vertretung für einen abgeordneten, für einen ins Ausland entsendeten oder für einen aufgrund der Bestimmungen des BetrVG oder der Personalvertretungsgesetze freigestellten Arbeitnehmer sowie die Vertretung für einen vom Dienst suspendierten Beamten.
a) Allgemeine Grundsätze
Rz. 107
Der Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG liegt darin, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitskräftebedarf an sich bereits durch den Arbeitsvertrag bzw. das Beamtenverhältnis mit dem Vertretenen abgedeckt hat und deshalb an der Arbeitskraft des Vertreters von vornherein nur ein vorübergehender, zeitlich durch die Rückkehr des Vertretenen begrenzter Bedarf besteht. Teil des Sachgrundes ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Von der Rückkehr kann grundsätzlich ausgegangen werden. Auch eine wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung bzw. Verlängerung der Beurlaubung der zu vertretenden Stammkraft steht der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Die Prognose muss sich nicht auf den Zeitpunkt der Rückkehr und damit auf die Dauer des Vertretungsbedarfs erstrecken. Ist der vertretene Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, rechtfertigt der Sachgrund der Vertretung nicht die Befristung des Arbeitsvertrags einer vollzeitbeschäftigten Vertretungskraft.
Rz. 108
Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, kann der Arbeitgeber in Fällen der Krankheitsvertretung davon ausgehen, dass die zu vertretende Stammkraft zurückkehren wird. Die Prognose, der erkrankte Mitarbeiter werde an seinen Arbeitsplatz zurückkehren, ist Teil des Sachgrundes der Befristung. Besondere Umstände, die Zweifel an der Rückkehr der Stammkraft begründen können, liegen nicht in dem Umstand, dass die Stammkraft bereits längere Zeit erkrankt ist. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass längere Zeit erkrankte Arbeitnehmer ihre Arbeit überhaupt nicht wieder aufnehmen werden. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, von sich aus Erkundigungen über die gesundheitliche Entwicklung des erkrankten Arbeitnehmers einzuholen. Nur wenn der Arbeitgeber weiß, dass der Vertretene nicht auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird oder aufgrund besonderer Umstände daran erhebliche Zweifel hat, kann die Befristung des Arbeitsvertrags sachlich nicht gerechtfertigt sein. Dies setzt voraus, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit der Vertretungskraft verbindlich erklärt hat, dass er die Arbeit nicht wieder aufnehmen werde. Eine unverbindliche Ankündigung reicht nicht aus. Solange die Stammkraft einen Anspruch darauf hat, die Tätigkeit wieder aufzunehmen, muss und darf der Arbeitgeber mit deren Rückkehr rechnen.
Rz. 109
Für eine Vereinbarung, die als Beendigungstatbestand des Arbeitsverhältnisses das Ausscheiden des Vertretenen vorsieht, fehlt in aller Regel der Sachgrund. Ein sachlicher Grund für die Befristung liegt auch nicht vor, wenn der Vertrag bis zum Ausscheiden des Vertretenen befristet ist. Der Sachgrund der Vertretung rechtfertigt regelmäßig kein Abstellen auf das Ausscheiden des Vertretenen aus dem Arbeitsverhältnis. Denn mit dem Ausscheiden des Vertretenen entfällt nicht zwangsläufig der von diesem abgedeckte Arbeitskräftebedarf. Die zeitliche Begrenzung kann sich aus anderen Umständen ergeben. Dazu muss im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrags aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu erwarten sein, dass mit dem Ausscheiden des Vertretenen auch der Bedarf an einer entsprechenden Arbeitsleistung der Vertretungskraft entfällt. Das hat der Arbeitgeber darzulegen. Als Sachgrund kann die Entscheidung des Arbeitgebers in Betracht kommen, den Arbeitsplatz nach dem Ausscheiden des Stelleninhabers mit einem Mitarbeiter zu besetzen, der über bestimmte Anforderungen verfügt. Dem Arbeitgeber obliegt im Streitfall die Darlegung der Tatsachen zu der von ihm getroffenen Entscheidung über die anderweitige Besetzung ...