Rz. 92
Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
I. Allgemeines
Rz. 93
§ 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG benennt acht Fälle eines sachlichen Grundes. Liegt ein solcher vor, bedarf es keiner Prüfung anhand allgemeiner Merkmale mehr. Die Aufzählung ist nach ganz h.M. sowie dem eindeutigen Wortlaut ("insbesondere") nicht abschließend. Nach der Intention des Gesetzgebers dient die nicht abschließende Aufzählung der Befristungsgründe in § 14 Abs. 1 TzBfG dazu, die bisherige Rspr. zur Auslegung heranziehen zu können. Zudem wird dadurch eine Berücksichtigung anderer Sachgründe sowie die Entwicklung neuer Befristungstatbestände durch die Praxis nicht ausgeschlossen. Die Norm kodifiziert also zum einen die Rspr. des BAG, stellt zum anderen aber auch eine normative Grundentscheidung dar, die von der Rspr. zu berücksichtigen ist.
II. Fallgruppen des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG
1. Nr. 1 – Vorübergehender Arbeitskräftebedarf
Rz. 94
§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG erlaubt die Befristung eines Arbeitsverhältnisses, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Hierbei handelt es sich um einen sehr allgemeinen Oberbegriff möglicher Sachgründe. Der vorübergehende betriebliche Bedarf kann in Form eines vorübergehend erhöhten Arbeitskräftebedarfs (z.B. Schlussverkauf, zeitlich begrenztes Projekt) oder eines vorhersehbar künftig wegfallenden Arbeitskräftebedarfs (z.B. Abwicklungsarbeiten bis zur Schließung der Dienststelle oder des Betriebes) bestehen. Der Wegfall muss nicht auf Dauer eintreten, sondern kann, wie in Saison- oder Kampagnenbetrieben, mit großer Regelmäßigkeit wieder auftreten (sog. periodisch wiederkehrender Arbeitsanfall).
Rz. 95
Der Arbeitgeber muss zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund greifbarer Tatsachen mit hinreichender Sicherheit annehmen können, dass der Arbeitskräftebedarf in Zukunft wegfallen wird. Ob der betrieblich vorübergehende Mehrbedarf zeitlich beschränkt ist, bestimmt sich in erster Linie nach objektiven Maßstäben und nicht nach der subjektiven Einschätzung des Arbeitgebers. Es kommt auf die konkreten Tatsachen an, die der Arbeitgeber seiner Prognose zugrunde gelegt hat und die den Wegfall des Bedarfs "hinreichend sicher" machen. Bei einer projektbedingten Erhöhung des Personalbedarfs muss sich diese Prognose nur auf das konkrete Projekt beziehen. Daher ist die Prognose des Arbeitgebers nicht deshalb unzutreffend, weil der Arbeitnehmer aufgrund seiner Qualifikation nach Fristablauf auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Projekt hätte beschäftigt werden können und der Arbeitgeber dies bei Vertragsschluss erkennen konnte. Wird ein Arbeitnehmer befristet projektbezogen angestellt, aber überwiegend mit projektfremden Tätigkeiten beschäftigt, spricht dies gegen einen sachlichen Befristungsgrund. Nur wenn die Änderung der für die Befristung ursächlichen Umstände bei Vertragsbeginn nicht absehbar war, ist die Befristung gerechtfertigt. Ferner ist es nicht ausreichend, wenn dem Arbeitnehmer eine Daueraufgabe lediglich vorübergehend übertragen werden soll.
Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG ist auch gegeben, wenn bei Vertragsschluss feststeht, dass nach dem Wegfall des Befristungsgrunds etwaige weitere, einen neuerlichen vorübergehenden Mehrbedarf begründende Maßnahmen erst nach einer Unterbrechung von vielen Wochen durchgeführt werden können.
Rz. 96
Ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften kann den Einsatz von sog. Tagesaushilfen nach einer Rahmenvereinbarung rechtfertigen. Schließen die Parteien nach Maßgabe der Rahmenvereinbarung auf jeweils einen Tag befristete Einzelarbeitsverträge, unterliegen diese der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle.
Die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer hat sich im Rahmen des vorübergehenden Mehr- bzw. Minderbedarfs zu halten und darf diesen nicht überschreiten.
Rz. 97
Zum Sachgrund eines vorübergehenden Mehrbedarfs gilt nach ständiger Rspr. des BAG eine abgestufte Darlegungslast. Behauptet der Arbeitnehmer einen dauerhaften Bedarf des Arbeitgebers an seiner Arbeitsleistung, ist der Arbeitgeber gehalten, diejenigen Tatsachen vorzutragen, die eine entsprechende Prognose über Umfang und Dauer des voraussichtlichen Mehrbedarfs zulassen. Dazu sind die Grundlagen dieses Wahrscheinlichkeitsurteils auszuweisen, der Arbeitgeber hat seine Erkenntnisquellen offen zu legen. Diese Prognose hat sich auch darauf zu beziehen, ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Befristung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kein Bedarf mehr an der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers besteht. Wird die Prognose des Arbeitgebers durch die spätere Entwicklung bestätigt, besteht eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt...