Rz. 81

Nach § 14 Abs. 2a S. 1 TzBfG,[183] ist "in den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig". Sinn der Regelung ist es, Existenzgründern die Entscheidung für Einstellungen zu erleichtern.

[183] Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt v. 24.12.2003, BGBl I 2003, 3002.

1. Unternehmensneugründung

 

Rz. 82

Die erleichterte Möglichkeit der Befristung findet nur Anwendung auf neu gegründete Unternehmen in den ersten vier Jahren nach Aufnahme ihrer Tätigkeit. Nach § 14 Abs. 2a S. 3 TzBfG ist für den Zeitpunkt der Gründung die Aufnahme der Erwerbstätigkeit i.S.v. § 138 AO maßgebend.[184]

 

Rz. 83

Entsprechend der Regelung in § 112a Abs. 2 BetrVG sollen nur erstmalige Neugründungen privilegiert werden, nicht Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen, § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG. Die Aufspaltung eines seit länger als vier Jahren bestehenden Unternehmens auf mehrere neu gegründete Unternehmen und die Abspaltung von Unternehmensteilen auf neu gegründete Tochterunternehmen ermöglicht keine Inanspruchnahme der Regelung. Entsprechendes gilt für die Verschmelzung von Unternehmen auf ein neu gegründetes Unternehmen, den reinen Formwechsel oder die Vermögensübertragung auf einen neuen Rechtsträger.[185]

 

Rz. 84

Das BAG hat zu § 112a Abs. 2 BetrVG entschieden, dass es für die Ausnahme von der Sozialplanpflicht nicht darauf ankommt, ob der Betrieb des neugegründeten Unternehmens, in dem eine Betriebsänderung durchgeführt wird, schon länger bestanden hat und von dem neugegründeten Unternehmen gem. § 613a BGB übernommen worden ist.[186] Diese Rspr. ist nach der ausdrücklichen Anknüpfung im Gesetzeswortlaut und in der Begründung des Gesetzentwurfs[187] zu § 112a BetrVG auch auf § 14 Abs. 2a TzBfG übertragbar. Insb. ermöglicht diese Konstellation die beabsichtigte "Brücke in eine Dauerbeschäftigung". Auch in diesem Fall liegt ein "unternehmerisches Neuengagement" vor.[188]

 

Rz. 85

Eine nach § 14 Abs. 2a S. 1 TzBfG privilegierte und nicht nach § 14 Abs. 2a S. 2 TzBfG von der erleichterten Befristungsmöglichkeit ausgenommene Neugründung liegt auch dann vor, wenn die Gründung einer Tochtergesellschaft innerhalb eines Konzerns ohne Änderung der rechtlichen Struktur schon bestehender Unternehmen erfolgt, um bislang im Konzern nicht wahrgenommene neue wirtschaftliche Aktivitäten zu verfolgen.[189] Auch in diesem Fall besteht regelmäßig trotz der Einbindung in bestehende Konzernstrukturen eine Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des neu gegründeten Unternehmens und den dort anfallenden Personalbedarf, dem die erleichterte Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2a TzBfG Rechnung tragen will.[190]

 

Rz. 86

Keine Gründung eines Unternehmens i.S.v. § 14 Abs. 2a TzBfG liegt vor, wenn ein bestehendes Unternehmen einen weiteren Betrieb eröffnet. Entsprechendes gilt, wenn der Betrieb nur verlegt wird.

 

Rz. 87

Es ist zulässig, ein zunächst nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristetes Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2a TzBfG auf bis zu vier Jahre zu verlängern.[191] Unzulässig ist es, ein bereits zwei Jahre nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristetes Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2a TzBfG um (weitere) vier Jahre zu verlängern, sodass es insgesamt sechs Jahre sachgrundlos befristet ist.[192]

[184] Ausführlich Dörner, Rn 494.
[185] Ebenso Dörner, Rn 495; vgl. auch Lembke, DB 2003, 2702, 2703.
[186] BAG v. 13.6.1989, AP Nr. 3 zu § 112a BetrVG; BAG v. 10.12.1996, AP Nr. 110 zu § 112 BetrVG.
[187] BT-Drucks 15/1204, 10.
[188] Vgl. BT-Drucks 15/1204, 10; vgl. auch Dörner, Rn 496.
[190] BAG, v. 12.6.2019, NZA 2019, 1568; vgl. BT-Drucks 15/1204, 10.
[191] So BAG v. 15.1.2003, NZA 2003, 914 zur Verlängerung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG bei einem zuvor nach § 1 Abs. 1 BeschFG sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis.
[192] Auch BAG v. 15.1.2003, NZA 2003, 914, prüft, ob die Höchstbefristungsdauer – in dem Fall zwei Jahre nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG – eingehalten worden ist.

2. Sachgrundlose Befristung bis zur Dauer von vier Jahren

 

Rz. 88

Für die Berechnung der Vierjahresfrist gelten die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Die zeitliche Höchstdauer der vierjährigen Befristung bemisst sich ab dem vereinbarten Beginn des Arbeitsvertrags, nicht ab dem Tag der Unterzeichnung.

Nimmt ein Unternehmen seine Erwerbstätigkeit zum 1.1.2022 auf, so kann es eine sachgrundlose Befristung am 1.1.2022 bis zum 31.12.2025 für maximal vier Jahre abschließen. Es könnte z.B. auch ein befristetes Arbeitsverhältnis vom 1.1. bis zum 31.3.2022 abschließen und diese Befristung dann in Drei- oder Sechsmonatszeiträumen bis zur Gesamtdauer von vier Jahren, also bis zum 31.12.2025 beliebig oft verlängern. Eine Verlängerung liegt allerdings nur vor, wenn sie vor Ablauf der vorhergehenden Befristung vereinbart wurde, der Verlängerungszeitraum si...

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