Rz. 6

§ 60 RVG gilt auch für die Verfahrenskostenhilfe, vgl. S. 1: "… vor diesem Zeitpunkt … beigeordnet worden ist".

 

Beispiel 8

Der Auftrag (unbedingt erteilt für Verfahrenskostenhilfe und Hauptsacheverfahren) wurde vor dem Stichtag erteilt, die Beiordnung erfolgte nach dem Stichtag.

Lösung

Es kommt auf den unbedingt erteilten Auftrag an. Dieser liegt vor dem Stichtag, also auch für das Hauptsacheverfahren (für das ebenfalls ein unbedingter Auftrag vorlag) altes Kostenrecht wie auch für das VKH-Bewilligungsverfahren (wenn dies eine Rolle spielen sollte).[4]

 

Beispiel 9

Der Auftrag an den Anwalt lautet: Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellen (Auftrag unbedingt) und wenn die Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird, soll das Hauptsacheverfahren durchgeführt werden (durch die Bewilligung/Beiordnung aufschiebend bedingter Verfahrensauftrag).

Das Mandat wird vor dem Stichtag erteilt, der Gerichtsbeschluss auf Bewilligung/Beiordnung wird erst nach dem Stichtag zugestellt.

Lösung

Nach h.M.[5] handelt es sich um zwei gesonderte Aufträge, obwohl diese Verfahren als eine Angelegenheit i.S. des § 15 anzusehen sind. Es liegt ein unbedingter Auftrag nur für das Bewilligungsverfahren vor, Gebühren nach altem Recht (VV 3335); der Verfahrensauftrag wird dagegen erst zu einem unbedingten Auftrag, wenn die Bewilligung/Beiordnung zugestellt sind. Nachdem dies im Beispielsfall nach dem Stichtag erfolgt ist, richten sich die Gebühren des Hauptsacheverfahrens (§ 49 RVG) nach neuem Recht.

Nach a.A.[6] ist auch in diesem Fall auf die Kosten der Hauptsache altes Gebührenrecht anzuwenden, weil das Bewilligungsverfahren und das Hauptsacheverfahren eine Angelegenheit i.S.d. Gebührenrechts sind, § 16 Nr. 2 RVG, der nachträgliche Auftrag für das Hauptsacheverfahren also nur eine Erweiterung des Mandats ist.

M.E. sollte der ersten Lösung der Vorzug gegeben werden.

[4] AnwK-RVG/N. Schneider, 7. Auflage, § 61 Rn 94; Gerold/Schmidt/Mayer, § 60 Rn 56; N. Schneider, AGS 2004, 221, 224.
[5] Gerold/Schmidt/Mayer, § 60 Rn 56 m.w.N.; N. Schneider, NZFam 2014, 163, 165.
[6] AnwK-RVG/N. Schneider, 7. Auflage, § 61 Rn 94 m.w.N.; Schürmann, FuR 2014, 242; FuR 2009, 548, 549.

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