Rz. 146
Im Bereich der stets durch persönliche Haftung gekennzeichneten Anteile an Gesellschaften bürgerlichen Rechts und offenen Handelsgesellschaften sowie Komplementäranteilen an Kommanditgesellschaften gelten hinsichtlich der Abwicklungstestamentsvollstreckung dieselben Grundsätze wie bei einzelkaufmännischen Unternehmen (vgl. Rdn 128 ff.). Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn eine Verwaltungs- bzw. Dauertestamentsvollstreckung gewünscht wird.
a) Die Kernrechtsproblematik
Rz. 147
Wird seitens des Erblassers eine Dauertestamentsvollstreckung für den Nachlass angeordnet und befindet sich ein Anteil an einer persönlich haftenden Gesellschaft im Nachlass, dann ist nach der Rechtsprechung des BGH die (dauernde) Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kommt allerdings nur im Hinblick auf die vermögensrechtliche Seite (sog. Außenseite) des Gesellschaftsanteils in Betracht, während die personenrechtliche Sphäre (sog. Innenseite), also die Gesellschafterrechte im eigentlichen Sinne wegen ihrer höchstpersönlichen Natur der Ausübung durch einen Dritten nicht zugänglich sind (Kernbereichstheorie). Sie können daher der Testamentsvollstreckung grundsätzlich nicht unterliegen.
Rz. 148
Aus diesem Grunde können Verwaltungsmaßnahmen des Testamentsvollstreckers nicht die sog. Innenseite der Beteiligung betreffen. Die Ausübung der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte, z.B. das Stimmrecht, die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und Beschlüssen sowie das Informations- und Kontrollrecht, ist seiner Kompetenz zwingend entzogen. Etwas anderes gilt, wenn die Mitwirkungsrechte auch die vermögensrechtliche Außenseite betreffen, dann ist eine Zustimmungspflicht des Testamentsvollstreckers anzunehmen.
Rz. 149
Auf der sog. Außenseite der Beteiligung, z.B. die Verwaltung und Fälligkeit von Gewinnansprüchen und des Auseinandersetzungsguthabens, kann der Testamentsvollstrecker aber eine den Erben beaufsichtigende Funktion wahrnehmen. Dies führt auch dazu, dass der Erbe ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers nicht über seinen ererbten Gesellschaftsanteil verfügen kann und dieser auch dem Zugriff von Eigengläubigern des Erben entzogen ist.
Rz. 150
Gehört zum Nachlass der Anteil eines alleinigen Komplementärs einer KG, kann der Testamentsvollstrecker jedenfalls für die Dauer der in § 139 Abs. 3 HGB bestimmten Übergangsfrist von drei Monaten sämtliche Rechte der Gesellschafter-Erben wahrnehmen. Nach Ende dieser Frist ist die Testamentsvollstreckung aber nur noch unter der Voraussetzung zulässig, dass durch entsprechende Gestaltungen und Maßnahmen ein neuer Komplementär in die Gesellschaft eintritt.
Durch die Anordnung einer (einfachen) Testamentsvollstreckung ist es demnach zwar möglich, eine Kontrolle des Gesellschafter-Erben zu erreichen, die Verlagerung der Kompetenz, unternehmerische Entscheidungen zu treffen, auf den Testamentsvollstrecker kann so aber nicht erreicht werden. Da dies aber auch im Bereich der persönlich haftenden Gesellschaftsanteile mitunter nicht nur wünschenswert, sondern dringend erforderlich ist, haben sich auch hier im Wesentlichen folgende Ersatz-Strategien herausgebildet:
b) Vollmachtslösung und Treuhandlösung
Rz. 151
Wie bei einzelkaufmännischen Unternehmen können auch bei unbeschränkt haftenden Gesellschaftsanteilen die Vollmachts- und die Treuhandlösung zur Anwendung kommen, um eine Fremdverwaltung der Beteiligung auch hinsichtlich der sog. Innenseite des Gesellschaftsanteils zu erreichen. Zu beachten gilt es hier vorweg, dass die Ausübung der Gesellschafterrechte auf der Innenseite von der Zustimmung der Gesellschafter bzw. einer entsprechenden Zulässigkeit im Gesellschaftsvertrag abhängig ist. Hinsichtlich der "Außenseite" ist dies nicht notwendig.
Rz. 152
Im Falle der Vollmachtslösung ändert sich an der Gesellschafterstellung der Erben grundsätzlich nichts; sie werden auch in das Handelsregister eingetragen. Der Testamentsvollstrecker agiert im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern oder Dritten als Bevollmächtigter der Erben.
Rz. 153
Im Rahmen der Treuhandlösung wird der Testamentsvollstrecker selbst Gesellschafter. Auch wenn er den Gesellschaftsanteil im Verhältnis zu den Erben treuhänderisch hält und verwaltet, ändert dies weder etwas an der Unbeschränkbarkeit seiner Haftung gegenüber Dritten noch an seiner Rechtsstellung innerhalb der Gesellschaft, also gegenüber den übrigen Mitgesellschaftern. Im Übrigen gelten dieselben Grundsätze wie im Bereich der einzelkaufmännischen Unternehmen. Hinzu kommt bei der Personengesellschaft, dass der Gesellschaftsvertrag eine solche Treuhandgestaltung zulassen muss oder aber die Zustimmung der Mitgesellschafter dazu vorliegen muss.
Bei beiden Varianten muss darauf geachtet werden, in...