Rz. 181
Gemäß § 153 AO ist ein Steuerpflichtiger bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist verpflichtet, eine richtigstellende Anzeige vorzunehmen, wenn er nachträglich erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist. Diese Verpflichtung trifft gemäß § 153 Abs. 1 S. 2 AO auch den Gesamtrechtsnachfolger eines Steuerpflichtigen (§ 45 AO) und die nach §§ 34, 35 AO für den Gesamtrechtsnachfolger oder den Steuerpflichtigen handelnden Personen.
Rz. 182
Die Berichtigungspflicht gilt mithin auch für den Testamentsvollstrecker und den Erben. Zunächst ist festzuhalten, dass die Berichtigungspflicht mit dem Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist erlischt. Bis zu diesem Zeitpunkt muss der Testamentsvollstecker alle steuererheblichen Erklärungen des Erblassers, die er bei Durchsicht der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen als unrichtig oder unvollständig erkennt, dem Finanzamt anzeigen und sie berichtigen. Verstößt der Testamentsvollstrecker gegen die Verpflichtung des § 153 AO, so kann er ggf. unter den jeweiligen Voraussetzungen der Norm nach § 69 AO in die Vertreterhaftung, über § 71 AO in die Haftung für die hinterzogene bzw. verkürzte Steuer oder selbst je nach Schuldgrad in die Strafbarkeit wegen Steuerverkürzung bzw. Steuerhinterziehung gelangen. Dies kann zu einer persönlichen Haftung des Testamentsvollstreckers mit seinem Eigenvermögen führen.
Rz. 183
Um Haftungsgefahren des Testamentsvollstreckers zu vermeiden, sollte bei geeigneten Fällen die Testamentsvollstreckung allein auf das Inlandsvermögen beschränkt werden. Dann muss der Testamentsvollstrecker bzgl. des Auslandsvermögens keine Berichtigung nach § 153 Abs. 1 S. 2 AO abgeben. Dies liegt auch im Interesse des Erblassers, der eine Aufdeckung seines Auslandsvermögens durch den Testamentsvollstrecker möglichst vermeiden will.
Rz. 184
Die Berichtigungspflicht ist in folgenden Fällen denkbar:
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Der Testamentsvollstrecker hat selbst eine unzutreffende Steuererklärung für den Erblasser oder die Erben (Erbschaftsteuererklärung) abgegeben und erkennt nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist die Unrichtigkeit seiner eigenen Erklärung. |
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Der Testamentsvollstrecker erkennt bei der Aufnahme des vorhandenen Vermögens, dass die bisherigen Steuererklärungen des verstorbenen Steuerpflichtigen unvollständig waren, beispielsweise Zinseinkünfte verschwiegen wurden. |
Rz. 185
Weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob der Testamentsvollstrecker sich seiner Berichtigungspflicht nach § 153 AO durch sofortige Amtsniederlegung entziehen kann. Die Pflichten (also auch die steuerrechtlichen) des Testamentsvollstreckers gelten nur für die Dauer seines Amtes und enden mit der Amtsniederlegung. Denn er ist ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Niederlegung nicht mehr Vermögensverwalter i.S.d. § 34 Abs. 3 AO oder Vertreter i.S.d. § 35 AO.
Rz. 186
Für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker bemerkt, dass die Erben, über deren Nachlass er die Testamentsvollstreckung im Rahmen einer Dauertestamentsvollstreckung auszuführen hat, die von ihm verwalteten Einkünfte falsch angeben, wird man den Testamentsvollstrecker nicht als verpflichtet ansehen können, Steuererklärungen der Erben hinsichtlich der von ihm verwalteten Vermögensgegenstände nach § 153 AO zu berichtigen.
In § 153 Abs. 1 S. 2 AO ist die Berichtigungspflicht auch den Verwaltern i.S.d. §§ 34, 35 AO auferlegt. Das kann jedoch nur insoweit gelten, als der Testamentsvollstrecker auch die Befugnis und Verpflichtung hätte, selbst die steuerlichen Angelegenheiten für den oder die Erben zu erledigen. Diese Verpflichtung des Testamentsvollstreckers wird jedoch von der h.M. abgelehnt, da die Erben selbst verpflichtet sind, ihre Steuererklärungen abzugeben. Soweit dies der Fall ist, wird man den Testamentsvollstrecker nicht zum Ersatzbetriebsprüfer oder Steuerfahnder machen können; seine Befugnisse umfassen nach h.M. nicht die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten der Erben. Anderes wir nur zu gelten haben, soweit der Testamentsvollstrecker gemäß §§ 34 Abs. 3, 35 AO ausnahmsweise verpflichtet ist, Steuererklärungen für den/die Erben abzugeben. Dies ist ausschließlich für die betrieblichen Steuern bei Fortführung eines Unternehmens der Fall. Dann geht es jedoch nicht um die Korrektur von Steuererklärungen des oder der Erben, sondern um die Korrektur der eigenen Steuererklärungen des Testamentsvollstreckers.
Wichtig ist dabei auch, dass der Testamentsvollstrecker für die Frage, ob § 153 Abs. 1 AO in Betracht kommt, zunächst die Frage der Festsetzungsverjährung klärt nach § 169 AO.
Rz. 187
Eine Haftung des Testamentsvollstreckers ist unter folgenden Gesichtspunkten nach § 2219 BGB vorstellbar:
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Der Testamentsvollstrecker übt ein steuerrechtliches Wahlrecht der Erben aus, wie z.B. nach § 31 Abs. 5 ErbStG. |
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Der Testamentsvollstrecker, an den der Erbschaftsteuerbescheid zugestel... |