Rz. 132
Bei der sog. Vollmachtslösung führt der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft als Bevollmächtigter des bzw. der Erben und somit unter fremdem Namen fort, wobei deren Haftung für neu entstehende Geschäftsverbindlichkeiten unbeschränkbar ist. Die Haftung für Altverbindlichkeiten richtet sich nach §§ 25, 27 HGB.
Die Vollmachtslösung führt dazu, dass die aus handelsrechtlicher Sicht unabdingbare persönliche Haftung des Inhabers des Handelsgeschäfts gewährleistet bleibt; im Übrigen ändert sich aber an den bekannten Vorteilen der Testamentsvollstreckung nichts. So gelten insbesondere die §§ 2211, 2214 BGB auch im Rahmen der Vollmachtslösung.
Der Erbe wird im Handelsregister eingetragen. Verschiedentlich wird die Ansicht vertreten, dass zusätzlich im Handelsregister ein Testamentsvollstreckervermerk aufzunehmen ist. Ein solcher Testamentsvollstreckervermerk im Handelsregister ist jedoch mit der h.M und Rspr. abzulehnen, denn dies würde zu Unsicherheit im Rechtsverkehr führen, da die Erben nun mal als Nachfolger im Handelsregister eingetragen sind und der Rechtsverkehr nach § 15 Abs. 2 HGB darauf vertrauen darf, dass sämtliche Rechtsgeschäfte für und gegen die Erben abgeschlossen werden. Der Testamentsvollstrecker benötigt für sein Tun eine eigene Vollmacht des Erben. Ein bereits erteiltes Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB ist dafür nicht ausreichend, da es keine durch die Erben selbst erteilte Legitimation darstellt, sondern nur allgemein den Testamentsvollstrecker legitimiert.
Rz. 133
Damit diese Variante gelingen kann, ist es notwendig, dem Testamentsvollstrecker auch tatsächlich die erforderlichen Vollmachten zu erteilen. Dies sollte durch entsprechende Anordnungen (Bedingungen oder Auflagen) in der Verfügung von Todes wegen sichergestellt werden. Der Testamentsvollstrecker wird dadurch in die Lage versetzt, die Vollmachtserteilung und Zustimmung im Klagewege geltend machen zu können nach § 2208 Abs. 2 BGB. Der Erbe muss bei dieser Lösung die persönliche Haftung als testamentarische Bedingung oder Auflage in Kauf nehmen, sofern er die Erbschaft nicht nach § 1944 BGB ausschlägt oder das Unternehmen auf eine GmbH übertragen wird. In der aktuellen Literatur wird deshalb mehr und mehr die Vollmachtlösung abgelehnt.
Daneben sollten Vorkehrungen getroffen werden, dass nicht einzelne Erben neben dem mit der Geschäftsführung beauftragten und entsprechend bevollmächtigten Testamentsvollstrecker selbst in die Leitung des Unternehmens eingreifen und so den Sinn und Zweck der Testamentsvollstreckung unterlaufen.
Rz. 134
Dies könnte z.B. dadurch erreicht werden, dass den Erben zur Auflage gemacht wird, eine unwiderrufliche Vollmacht – bis zur Beendigung des Testamentsvollstreckeramtes – zu erteilen und zu bestimmen, dass die Erben ein eigenes Tätigwerden zu unterlassen haben. Allerdings bestehen hinsichtlich der Wirksamkeit einer solchen "ausschließenden" Vollmacht erhebliche Bedenken.
Rz. 135
Im Hinblick auf § 138 BGB müssen die Befugnisse des Testamentsvollstreckers hinsichtlich des Umfangs der Vollmacht eng umrissen werden. Dem durch die Testamentsvollstreckung beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer muss die Möglichkeit eingeräumt werden, auch selbst auf die Verwaltung Einfluss zu nehmen. Er darf nicht der Machtvollkommenheit eines Dritten, auch nicht der des Testamentsvollstreckers ausgeliefert sein. So verstößt die Erteilung einer unwiderruflichen Generalvollmacht durch den Erblasser nach h.M. in der Literatur gegen die guten Sitten, und zwar auch dann, wenn der Testamentsvollstrecker vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) nicht befreit ist.
Rz. 136
Die Frage, wann eine sittenwidrige Bindung der Erben vorliegt, richtet sich je nach Einzelfall. Es empfiehlt sich daher, die Vollmacht im Außenverhältnis sowohl inhaltlich als auch zeitlich zu begrenzen. So sollte die Dauer der Bevollmächtigung an die Dauer der Amtszeit der Testamentsvollstreckung gekoppelt sein. Inhaltlich schlägt Lorz vor, den Umfang der Vollmacht den erbrechtlichen Haftungsregeln entsprechend anzupassen, was z.B. durch die Zustimmungspflicht der Erben hinsichtlich der Eingehung von Verbindlichkeiten, die eine Gefährdung des Privatvermögens der Erben betreffen, erreicht werden kann. Gleiches gilt auch für unentgeltliche Verfügungen.
Rz. 137
Muster 17.28: Vollmachtslösung
Muster 17.28: Vollmachtslösung
Für meinen Nachlass ordne ich Testamentsvollstreckung wie folgt an:
Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist die Fortführung meines einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmens _________________________, zu dem mein gesamtes Betriebsvermögen einschließlich des Sonderbetriebsvermögens gehört. Er soll das Unternehmen als Bevollmächtigter der Erben in ihrem Namen und unter ihrer Haftung fortführen. Den Erben mache ich zur Auflage, dem Testamentsvollstrecker eine vom Umfang her für die Fortführung des Unternehmens notwendige Vollmacht zu erteilen. Von der Vollmacht ausgenommen werden können...