Rz. 122
Einem der wesentlichen Zwecke der Anordnung einer Testamentsvollstreckung, nämlich der Vermeidung von Streitigkeiten unter den Erben, kann auch die Anordnung eines Schiedsgerichts (vgl. § 18 Rdn 1 ff.) sowie die Benennung eines Schiedsgutachters dienen. Tritt eine Schiedsgutachter-Anordnung neben die Anordnung der Testamentsvollstreckung, so kann der Testamentsvollstrecker auch als Gutachter benannt werden. Dies bietet sich in vielen Fällen schon allein wegen seiner "Nähe zur Sache" an.
Es ist aber zu bedenken, dass der Testamentsvollstrecker nur in solchen Streitigkeiten entscheiden kann, die ihn selbst weder unmittelbar noch mittelbar betreffen. Kommt es beispielsweise zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit eines Testaments, in dem auch der Testamentsvollstrecker in sein Amt berufen wird, kann er nicht als Schiedsrichter tätig werden. Gleiches gilt für andere Streitigkeiten über Umstände, die auch Einfluss auf Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers bei der Ausübung seines Amtes haben. Im Übrigen kann der Testamentsvollstrecker aber in allen Angelegenheiten, die einer vergleichsweisen Regelung zugänglich sind, als Schiedsrichter oder Schiedsgutachter tätig werden.
Auch wenn auf diese Weise viele Streitigkeiten der Erben ohne gerichtliches Verfahren erledigt werden können, ist doch durch die beschriebenen Regelungen allein ein Prozessieren um den Nachlass noch nicht ausgeschlossen. Hat der Erblasser dieses Ziel im Sinn, muss er auch für den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Erben und dem oder den Testamentsvollstreckern eine entsprechende Regelung treffen und einen – möglichst unbeteiligten – Dritten als Schiedsrichter benennen. Ein Schiedsgericht ist nur dann in gesetzlich statthafter Weise errichtet, wenn die eigene materielle Verfügungsbefugnis des Erblassers hierfür reicht. Das ist für die Frage der Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht der Fall. Die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis des Erblassers findet ihre Grenze u.a. in § 2220 BGB, wonach der Erblasser nicht das Recht hat, den Testamentsvollstrecker von den ihm nach den §§ 2215, 2216, 2218 und 2219 BGB obliegenden Verpflichtungen zu befreien. Hierbei handelt es sich um die grundlegenden Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2215 BGB), zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB), zur Auskunft und zur Rechnungslegung (§ 2218 BGB) sowie zur Haftung (§ 2219 BGB). Streitigkeiten über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB können in einer letztwilligen Verfügung gemäß § 1066 ZPO nicht einseitig durch den Erblasser unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit einem Schiedsgericht zugewiesen werden. § 1066 ZPO bestimmt, dass für Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige Verfügung angeordnet wurden, die Vorschriften über das schiedsrichterliche Verfahren entsprechend gelten. § 1066 ZPO enthält eine rein prozessuale Regelung, die die Zulässigkeit testamentarisch angeordneter Schiedsgerichte voraussetzt, nicht aber selbst begründet. Sie sagt daher nichts darüber aus, unter welchen materiell-rechtlichen Voraussetzungen die Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit möglich ist.