Rz. 96
Die Gesellschaftsverträge von Familiengesellschaften weisen in vielerlei Hinsicht Besonderheiten gegenüber Gesellschaften, die unter fremden Dritten geschlossen werden, oder gar gegenüber Publikumsgesellschaften auf. Dies liegt insbesondere daran, dass zum Zwecke des langfristigen Vermögenserhalts für die Familie ein Eindringen fremder Gesellschafter, die nicht blutsverwandt (bzw. angeheiratet) sind, verhindert werden soll. Aber auch Regelungen, die das Verhältnis der Familienmitglieder untereinander betreffen, sind nicht unüblich (z.B. Implementierung eines Stammesprinzips). Und natürlich gehören auch Ausschlussmöglichkeiten und Vereinbarungen zur Abfindungsbeschränkung im Falle des Ausscheidens zum – mehr oder weniger selbstverständlichen – Repertoire. Seit Einführung von § 13a Abs. 9 ErbStG sollten auch die dortigen Vorgaben beachtet werden, um für Übertragungen bzw. Erbfälle die Gewährung des Wertabschlags sicherzustellen. Einige dieser Aspekte sollen nachfolgend beispielhaft hervorgehoben werden.
I. Dauer der Gesellschaft – Kündigung
Rz. 97
Familiengesellschaften sind keine Gelegenheitsgesellschaften. Sie sind regelmäßig auf eine lange Dauer angelegt. Kündigungen sollen in der Regel nur unter erschwerten Bedingungen möglich sein. Insbesondere dürfen ihre Folgen aber die Mitgesellschafter nicht unvorbereitet treffen. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, das Kündigungsrecht für einen möglichst langen Zeitraum auszuschließen und im Übrigen lange Kündigungsfristen vorzusehen.
Rz. 98
Muster 17.1: Laufzeit der Gesellschaft
Muster 17.1: Laufzeit der Gesellschaft
1. |
Die Dauer der Gesellschaft beträgt fest und unkündbar 25 Jahre ab Abschluss dieses Gesellschaftsvertrages. Die Gesellschaft ist erstmals auf den 31. Dezember _________________________. kündbar. Sie verlängert sich jeweils um fünf Jahre, wenn sie nicht vorher mit einer Frist von wenigstens einem Jahr zum Schluss der jeweiligen Festlaufzeit gekündigt wird. |
2. |
Kündigen Gesellschafter, deren Anteile am Festkapital insgesamt mehr als _________________________ [25 %] des insgesamt vorhandenen Festkapitals betragen, so hat jeder der übrigen Gesellschafter das Recht, die Gesellschaft zum Ablauf desselben Geschäftsjahres zu kündigen (Anschlusskündigung). Das Recht zur Anschlusskündigungen erlischt, wenn es nicht innerhalb von zwei Monaten ausgeübt wird, nachdem die vorangegangene Kündigung erfolgt ist. |
3. |
Durch eine Anschlusskündigung wird das Recht zu einer weiteren Anschlusskündigung nicht begründet. |
II. Implementierung eines Stammesprinzips
Rz. 99
Bei Familiengesellschaften, die über mehrere Generationen Bestand haben und deren Gesellschafterkreis von Generation zu Generation weiter wächst, kann es sinnvoll sein, die Gesellschafter zu Gruppen (Stämmen) zusammenzufassen. In der Regel wird dabei so vorgegangen, dass die Kinder des Seniors bzw. der Senioren (bei mehr als einem Gründungsgesellschafter) jeweils einen Stamm begründen, dem dann jeweils auch deren Abkömmlinge angehören.
Rz. 100
Muster 17.2: Stammesprinzip
Muster 17.2: Stammesprinzip
§ _________________________ Familienstämme
1. |
Die Gesellschafter _________________________ bilden je einen Familienstamm. Gesellschafter kann danach nur sein, wer einem dieser Familienstämme angehört. Ein Gesellschafter kann nur einem Familienstamm angehören. Geht ein Gesellschaftsanteil oder ein Teil eines Gesellschaftsanteils durch Verfügung unter Lebenden oder durch Verfügung von Todes wegen auf eine Person über, die bisher nicht Gesellschafter war, tritt der erwerbende Gesellschafter dem Gesellschafterstamm des Verfügenden bei. Gehört der Erwerber des Gesellschaftsanteils oder Teilgesellschaftsanteil zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits einem Familienstamm an, verbleibt er mit dem hinzuerworbenen Anteil in seinem bisherigen Familienstamm. Abweichend von den vorgenannten Regelungen gehören Abkömmlinge der Gesellschafter _________________________ immer dem jeweiligen Stamm dieser Gesellschafter an. |
2. |
Als Familiengesellschafter werden die Namensgeber der Familienstämme und ihre leiblichen Abkömmlinge (hierzu zählen auch adoptierte Abkömmlinge, wenn diese zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Adoption das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) bezeichnet. |
III. Stimmrechtsbündelung
Rz. 101
Insbesondere dann, wenn der Gesellschaftsvertrag bereits Familienstämme vorsieht, erscheint es konsequent, innerhalb der Stämme eine Bündelung der Stimmrechte der jeweiligen stammesangehörigen Gesellschafter vorzusehen. Auf diese Weise können Zwistigkeiten innerhalb der Familienstämme aus der eigentlichen Gesellschaftsversammlung herausgehalten werden. Darüber hinaus ermöglichen solche Regelungen eine bessere Kontrolle durch die jeweiligen Vertreter der Familienstämme.
Rz. 102
Handelt es sich bei der Familiengesellschaft um eine Kapitalgesellschaft, lässt sich durch eine Stimmrechtsbündelung innerhalb des Familienstammes in Kombination mit einer stammesbezogenen Verpflichtung, Anteile nur nach einheitlichen Kriterien bzw. nur an Personen zu übertragen, die demselben Familienstamm angehören und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen...