Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 27
Der Erwerbspflichtige muss sich in angemessener Weise um einen Arbeitsplatz bemüht haben.
Rz. 28
Verliert ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz, so ist dies in aller Regel nicht unterhaltsrechtlich vorwerfbar. Daraus folgt, dass zumindest für eine Übergangszeit die Berechnung des Unterhaltes auf der Basis der verringerten Einkünfte (Arbeitslosenunterstützung) erfolgen muss.
Der Erwerbspflichtige ist jedoch weiter gehalten, sich um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen. Verletzt er diese Obliegenheit, kann ihm (nach Ablauf der zuzubilligenden Übergangszeit) ein fiktives Erwerbseinkommen – in aller Regel in Höhe des bisherigen Verdienstes – zugerechnet werden. Die Obliegenheit beginnt, sobald dem Arbeitnehmer die Kündigung des Arbeitsplatzes bekannt wird.
Rz. 29
An den Nachweis des Erwerbspflichtigen zur erfolglosen Arbeitsplatzsuche stellen die Gerichte in der Praxis hohe Anforderungen. Der Pflichtige muss detaillierte Erwerbsbemühungen darlegen und dazu auch entsprechende Unterlagen zum Nachweis vorlegen:
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Die Meldung beim Arbeitsamt ist erforderlich, aber keinesfalls ausreichend. Dabei sollte das genaue Datum der Meldung beim Arbeitsamt als Arbeit suchend mitgeteilt werden und evtl. Einschränkungen für bestimmte Tätigkeitsbereiche, die das Arbeitsamt vorgenommen hat. |
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Daneben sind intensive und konkrete private Bemühungen erforderlich. Erforderlich sind Meldungen auf Stellenanzeigen sowie schriftliche Bewerbungen auf Anzeigen, die auch nachzuweisen sind. |
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Die Anzahl der Bewerbungen ist nur ein Indiz für ausreichende Bemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. |
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Bewerbungen "ins Blaue" hinein genügen nicht. Auch auf den Inhalt der Bewerbung kommt es an: sie muss ausreichend konkret und darf nicht abschreckend sein. |
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Der örtliche Bereich, in dem die Arbeitssuche betrieben werden muss, richtet sich nach den anerkennenswerten örtlichen Bindungen und kann sich u.U. auf ganz Deutschland erstrecken. Anerkennenswerte Bindungen sind dabei z.B. die Gebundenheit der übrigen Familienmitglieder, die Wohnung der Eltern, das eigene Haus. Je jünger der Unterhaltspflichtige, desto geringer sind entsprechende Bindungen anzuerkennen. |
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Auch an die Intensität der Arbeitssuche werden hohe Anforderungen gestellt: Auszugehen ist hierbei von monatlich bis zu 20 Erfolg versprechenden Bewerbungen mit Abweichungen je nach Arbeitsmarktlage und Art der zumutbaren Tätigkeit. Einige Gerichte fordern eine eigenständige Arbeitssuche im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung. Im Einzelfall können auch 8 Bewerbungen im Monat in einem längeren Zeitraum noch ausreichen. |
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Die Anzahl der Bewerbungen ist nur ein Indiz für ausreichende Bemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. |
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Bei verschärfter Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind müssen auch Aushilfs- und Gelegenheitsjobs gesucht werden. |
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Der Arbeitslose muss auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt aktiv steigern. So ist ein Langzeitarbeitsloser gehalten, Berufs fördernde Maßnahmen mitzumachen und den Beruf zu wechseln. Dabei besteht bereits während einer laufenden Umschulung die Obliegenheit, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen. |
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Die Berufung auf das fortgeschrittene Alter des Arbeitslosen allein reicht i.d.R. nicht aus. |
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Die Bewerbungen sind fortlaufend und regelmäßig vorzunehmen. Es reicht nicht aus, sich lediglich vorübergehend über einen gewissen Zeitraum regelmäßig zu bewerben! Daran scheitert in der Praxis vielfach der Nachweis ausreichender Bewerbungen, weil diese nur kurz vor dem Eingang des Antrags bei Gericht und dann wieder kurz vor dem Verhandlungstermin erfolgen, zwischenzeitlich aber unterlassen werden. |