Rz. 220
Der Erbe hat den Auskunftsanspruch durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses über den gesamten tatsächlichen und fiktiven Nachlass gem. § 260 BGB zu erfüllen. Der Pflichtteilsberechtigte kann ein privat oder aber auch amtlich erstelltes Nachlassverzeichnis fordern. Das Verzeichnis muss alle Aktiva und Passiva des Nachlasses enthalten, jedoch im Zweifel nicht die Wertangaben der einzelnen Gegenstände. Es kann sich in der Praxis jedoch aus taktischen Gründen anbieten, Wertangaben (zu einzelnen Nachlassgegenständen) zu machen, da der Pflichtteilsberechtigte dann ggf. davon absieht, den Wertermittlungsanspruch auf Kosten des Nachlasses geltend zu machen. Wertangaben müssen jedoch dann getätigt werden, wenn der Anspruchsgläubiger neben dem Auskunftsanspruch auch seinen Wertermittlungsanspruch geltend macht. § 2314 BGB enthält explizit keine allgemeine Pflicht zur Rechenschaftslegung und umfasst dem Wortlaut nach auch keine Pflicht zur Vorlage von Belegen. Die gegenständliche Begrenzung des Vorlegeanspruchs bei der Auskunftserteilung muss sich jedoch nach dem Zweck bestimmen, dem die Vorlegepflicht bei § 2314 BGB dient. Den Bedürfnissen des Pflichtteilsberechtigten ist bei der Bestimmung des Umfangs und der Verwirklichung seiner Ansprüche Rechnung zu tragen. Das Verzeichnis muss daher klar und übersichtlich sein. Die erteilte Auskunft muss dem Pflichtteilsberechtigten die Nachprüfung der Angaben möglich machen. Eine etwa mangels Übersichtlichkeit nicht den formalen Anforderungen entsprechende Auskunft hat keine Erfüllungswirkung. Die Auskunftserteilung muss den Pflichtteilsberechtigten in die Lage versetzen, eine eigene Ermittlung des Nachlasswertes vorzunehmen. Da es ein immanentes Bedürfnis des Pflichtteilsberechtigten ist, den gesamten Wert des Nachlasses zuverlässig und nachvollziehbar selbst bestimmen zu können, besteht nach Auffassung des Verfassers eine Vorlagepflicht für Quittungen und Belege auf Seiten des auskunftsverpflichteten Erben. In der Praxis kann es zudem nicht schaden, wenn der Erbe Wertangaben schon bei Erstellung des Bestandsverzeichnisses macht und diese möglichst auch belegt. Denn ein Entgegenkommen des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten zahlt sich fast immer aus. Je mehr Bereitschaft der Erbe signalisiert, umso eher lässt sich die Auseinandersetzung gütlich beilegen.
Rz. 221
Nach § 20 BNotO sind die Notare für die amtliche Aufnahme eines Bestandsverzeichnisses zuständig. Es liegt grundsätzlich im Ermessen des Notars, wie er den Nachlassbestand feststellt. Er hat den Bestand selbst und eigenständig zu ermitteln. In der Ausgestaltung des Verfahrens ist der Notar frei. Er entscheidet unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, welche konkreten Ermittlungen er aufnimmt. Es besteht eine vollumfängliche Ermittlungspflicht des Notars. Der Notar hat dabei diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigten für erforderlich halten würde. Das Ergebnis seiner eigenen Ermittlungen muss er in der Urkunde niederlegen und als eigene Erklärung zum Ausdruck bringen, dass nach diesen Ermittlungen weitere Gegenstände nicht vorhanden sind. Der Erbe muss aktiv mitwirken und ist für die Richtigkeit und Vollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses verantwortlich. Er hat etwa Dritte anzuweisen, die benötigten Auskünfte unmittelbar gegenüber dem Notar zu erteilen. Es obliegt dem Erben, auf eine zeitnahe Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses hinzuwirken und bei Erfolglosigkeit gegen den Notar ggf. Rechtsbehelfe zu ergreifen.
Die Ermittlungspflicht des Notars umfasst jedoch nicht die Einholung von Wertermittlungsgutachten, da Werte nicht von der Auskunft umfasst sind.