Rz. 102

Bei der Feststellung des Nachlassbestands sind diejenigen Vermögenspositionen abzuziehen, die unvererblich sind oder die außerhalb des Nachlasses auf Dritte übergehen, so z.B. die Lebensversicherung, wenn ein Bezugsberechtigter benannt ist. Nicht mit zu bewerten sind auch diejenigen Gegenstände, auf die sich z.B. ein gegenständlich bezogener Pflichtteilsverzicht nach §§ 2346 ff. BGB erstreckt. Verbindlichkeiten, die auf wiederkehrende Leistungen gerichtet sind, werden mit ihrem Kapitalwert berücksichtigt. Unberücksichtigt bleiben hingegen aufschiebend bedingte Rechte und Verbindlichkeiten (§ 2313 Abs. 1 S. 1 BGB). Auflösend bedingte Rechte kommen dagegen voll zum Ansatz (§ 2313 Abs. 1 S. 2 BGB). Differenzen, die sich nach Bedingungseintritt ergeben, sind später auszugleichen (§ 2313 BGB).

 

Rz. 103

Nicht zum Bestand des Nachlasses gehört das Sondervermögen des Erblassers, wie z.B. der Anteil des Ehegatten am Gesamtgut bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft oder die Vorerbschaft des Erblassers, da diese mit dem Tod des Erben direkt an die Nacherben fällt. Beides ist somit aus dem Bestand des Nachlasses herauszurechnen.

 

Rz. 104

Nicht abgezogen vom Bestand des Nachlasses werden hingegen die Auflagen und sonstigen Vermächtnisse. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 1991 Abs. 4 BGB i.V.m. § 327 InsO. Gemäß § 1991 Abs. 4 BGB hat der Erbe Verbindlichkeiten und Auflagen so zu berichtigen, wie sie im Falle des Insolvenzverfahrens zur Berichtigung kommen würden. Im Falle eines Insolvenzverfahrens ist nach § 327 InsO folgende Rangfolge vorgesehen:

Nr. 1: Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten,
Nr. 2: Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen.
 

Rz. 105

Vermächtnis und Auflage gehen daher dem Pflichtteilsrecht nach. Sie können deshalb bei der Berechnung des Pflichtteils nicht abgezogen werden. Gleiches gilt auch für den Pflichtteilsanspruch selbst.[70]

[70] MüKo/Lange, § 2311 BGB Rn 22.

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