Rz. 192

Der Gesellschaftsanteil einer Aktiengesellschaft, die Aktie, ist grundsätzlich vererblich. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 69 Abs. 3 S. 2 AktG, der von der Möglichkeit der Inhaberschaft von mehreren Erben an einer Aktie ausgeht.

 

Rz. 193

Wie bei allen Kapitalgesellschaften erfolgt auch im Zusammenhang mit der Vererbung von Aktien keine Sondererbfolge. Hier ergibt sich dies bereits aus dem Gesetz. Gemäß § 8 Abs. 5 AktG ist eine Aktie nicht teilbar. Die Sondererbfolge im Recht der Personengesellschaften setzte aber eine Teilung voraus, auch soweit Aktien in einer Menge vorhanden wären, die nicht durch die Anzahl der Erben zu teilen ist.

 

Rz. 194

Rechte aus der Aktie kann eine Erbenmehrheit gem. § 69 Abs. 1 AktG nur durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben. Soweit ein Testamentsvollstrecker bestellt ist, wird dieser kraft Amtes gemeinsamer Vertreter gem. § 69 Abs. 1 AktG und die Bestellung eines abweichenden Vertreters ist nicht möglich.[339]

 

Rz. 195

Wie bei § 18 Abs. 3 GmbH können Willenserklärungen der Aktiengesellschaft gegenüber den Erben an einen der Erben erfolgen und wirken gegen die gesamte Erbengemeinschaft. Allerdings hat auch bei der Zugehörigkeit von Aktien zum Nachlass die Erbengemeinschaft gem. § 69 Abs. 3 S. 2 AktG eine Schonfrist von einem Monat seit Anfall der Erbschaft, bis diese Regelung eingreift.

 

Rz. 196

Handelt es sich um Namensaktien gem. § 10 Abs. 1 AktG, sind alle Erben gem. § 67 Abs. 1 AktG in das Aktienregister einzutragen.[340] Bei Inhaberaktien entfällt eine besondere Verfahrensweise.

[339] Hüffer/Hüffer, AktG, § 69 Rn 3; MüKo-AktG/Bayer, § 69 Rn 16.
[340] MüKo-AktG/Bayer, § 69 Rn 4.

a) Stellung der Erben gegenüber Dritten

aa) Stellung gegenüber dem Testamentsvollstrecker

 

Rz. 197

Die Dauertestamentsvollstreckung an Aktien ist zulässig.[341] Die Rechtslage entspricht der Testamentsvollstreckung an GmbH-Anteilen.[342]

 

Rz. 198

Der Testamentsvollstrecker trägt in Bezug auf die Aktien alle Rechte und Pflichten der Erben, wird dadurch jedoch nicht selbst Aktionär, sondern macht diese Rechte vielmehr für die Erben geltend. Im Einzelnen sind es folgende Rechte, die der Testamentsvollstrecker ausübt:

Teilnahme an der Hauptversammlung, Auskunftsrecht, Stimmrecht und das Recht auf Anfechtung der Hauptversammlungsbeschlüsse. In der Hauptversammlung gibt es daneben noch weitere Rechte, die insbesondere aus dem Stimmrecht im Rahmen der Hauptversammlung resultieren.[343]

Wie bereits bei der Verwaltung von GmbH-Anteilen sind die Rechte des Testamentsvollstreckers durch den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Aktionärs-Erben[344] und dadurch beschränkt, dass er die Erben nicht persönlich verpflichten kann. Ist für eine Maßnahme im Rahmen der Aktiengesellschaft eine persönliche Verpflichtung der Erben erforderlich, bedarf der Testamentsvollstrecker der Zustimmung der Erben.[345] Der Testamentsvollstrecker ist aber der Beteiligte im Beschlussverfahren der Hauptversammlung, so dass er z.B. auch bei einem Umwandlungsbeschluss der Hauptversammlung zustimmen kann.[346]

 

Rz. 199

Die Erbengemeinschaft kann auch Gründungsgesellschafter einer Aktiengesellschaft sein, allerdings haften die Erben, wie bei der GmbH in diesem Fall persönlich und unbeschränkt.[347]

[341] MüKo/Zimmermann, § 2205 Rn 53; Frank, ZEV 2002, 389, 390.
[342] Frank, ZEV 2002, 389, 390.
[343] Aufstellung bei Frank, ZEV 2002, 389, 390.
[344] Priester, S. 482.
[345] Frank, ZEV 2002, 389, 394.

bb) Stellung gegenüber Gesellschaftsgläubigern

 

Rz. 200

Grundsätzlich haften Aktionäre gem. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG nicht für Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

 

Rz. 201

Befindet sich die Aktiengesellschaft zum Zeitpunkt des Erbfalles noch in der Gründungsphase oder wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen, ist der Aktionär gegenüber der Gesellschaft gem. § 54 AktG zur Leistung der Einlage verpflichtet. Diese Verbindlichkeit geht gem. §§ 1922, 1967 BGB auf die Erbengemeinschaft über, wenn der Erblasser seine Einlage noch nicht erbracht hatte.

 

Rz. 202

Die Leistung der Einlage ist gem. § 54 AktG darüber hinaus eine mitgliedschaftliche Pflicht, so dass die Erben bereits durch Erwerb der Aktie aus der erworbenen Mitgliedschaft zu Leistung verpflichtet sind.[348]

Nach h.M. haften die Erben von Inhaberaktien mit der Möglichkeit der erbrechtlichen Haftungsbeschränkung,[349] da § 69 Abs. 2 AktG, anders als z.B. § 173 HGB, nicht selbst haftungsbegründend wirkt.[350] Für Namensaktien ist umstritten, ob eine unbeschränkte persönliche Haftung eintritt, wenn die Miterben im Aktienbuch eingetragen sind, weil sich mit der Eintragung die Einlageschuld von ihrer erbrechtlichen Grundlage löst.[351]

[348] MüKo-AktG/Bungeroth, § 54 Rn 12.
[349] MüKo-AktG/Bayer, § 69 Rn 32.
[350] Hüffer/Hüffer, AktG, § 69 Rn 7.
[351] Hüffer/Hüffer, AktG, § 69 Rn 7, § 67 Rn 11.

b) Stellung der Erben gegenüber den übrigen Aktionären

aa) § 69 Abs. 1 AktG

 

Rz. 203

Gemäß § 69 Abs. 1 AktG ist die Aktie nicht teilbar. Steht sie mehreren Berechtigten zu, sind die Rechte aus der Aktie durch einen gemeinschaftlichen Vertreter auszuüben. Die Erbengemeinschaft ist Personenmehrheit i.S.d. § 69 Ab...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?