Rz. 62
Wie bei der BGB-Gesellschaft wurde die OHG bis zum Handelsrechtsreformgesetz 1998 bei Tod eines Gesellschafters gem. § 131 Nr. 4 HGB a.F. aufgelöst.
Rz. 63
Nach aktueller Rechtslage sieht das Gesetz das Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters gem. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB vor. Die Gesellschaft wird somit ohne abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung von den verbleibenden Gesellschaftern ohne die Erben fortgeführt. Der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters wächst ihnen gem. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB zu und in den Nachlass fällt ein ggf. im Gesellschaftsvertrag geregeltes Abfindungsguthaben.
Rz. 64
Das Abfindungsguthaben kann im Gesellschaftsvertrag vollständig ausgeschlossen werden. Es gelten nicht die Regelungen zur (Un-)Zulässigkeit der Abfindungsbeschränkung, denn diese wurden zum Schutz vor einer unzulässigen Beschränkung des Kündigungsrechts des Gesellschafters entwickelt.
Rz. 65
Aus § 139 Abs. 1 HGB ergibt sich, dass auch bei der OHG durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung der Gesellschaftsanteil vererblich gestellt werden kann, so dass die Folge des § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB (Ausscheiden eines Gesellschafters) nicht eintritt.
Hinsichtlich der möglichen gesellschaftsvertraglichen Klauseln wird auf den Exkurs zu den Nachfolgeklauseln verwiesen (vgl. Rdn 144 ff.).
Rz. 66
Wird aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel ein Erbe Nachfolger des verstorbenen Gesellschafters, erhält er die Möglichkeit durch Antrag gem. § 139 Abs. 2 HGB an die übrigen Gesellschafter unter Belassung des bisherigen Gewinnanteils die Stellung eines Kommanditisten zu erhalten. Nehmen die übrigen Gesellschafter diesen Antrag nicht an, kann der Nachfolger ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft erklären.
Rz. 67
Der Antrag des Nachfolgers hat gem. § 139 Abs. 3 HGB innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft zu erfolgen.
Rz. 68
Die Gesellschaftsanteile der OHG werden, wie die Anteile aller Personengesellschaften, im Wege der bereits erörterten Sondererbfolge vererbt (siehe oben Rdn 6). Jeder Miterbe erhält somit einen seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Gesellschaftsanteil des Erblassers persönlich zu Eigenvermögen.
Rz. 69
Sobald sich die OHG in Liquidation befindet, erfolgt keine Sondererbfolge mehr. Die Vererbung von Geschäftsanteilen von Liquidationsgesellschaften vollzieht sich nach rein erbrechtlichen Regeln. Mehrere Erben werden nicht einzeln, sondern zur gesamten Hand Erben.
Rz. 70
War einer der Gesellschafter-Erben bereits Gesellschafter der OHG, vereinigt sich der im Rahmen der Sondererbfolge ererbte Gesellschaftsanteil mit dem bisherigen zu einer einheitlichen Beteiligung. Eine Aufspaltung in mehrere selbstständige Teile ist nicht möglich. Ein Recht auf Einräumung der Stellung eines Kommanditisten gem. § 139 Abs. 1 HGB steht ihm dann nicht zu.
1. Stellung der Erben gegenüber den übrigen Gesellschaftern
a) Obligatorische Gruppenvertretung
Rz. 71
Obwohl der Geschäftsanteil des Erblassers an der OHG im Rahmen einer Sondererbfolge aufgeteilt nach der Erbquote an jeden einzelnen Erben übergeht, fällt er in den Nachlass, so dass die Testamentsvollstreckung nicht schlechthin ausgeschlossen ist. Der Testamentsvollstrecker hat jedoch keine Befugnisse, die unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Erben berühren. Er ist daher in einem Rechtsstreit über die Aufnahme eines weiteren Mitgesellschafters innerhalb der Gesellschaft nicht zur Verwaltung befugt.
Rz. 72
Wie bei der BGB-Gesellschaft ändert sich für die verbleibenden Gesellschafter die Beteiligungshöhe nicht, allerdings wird der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters auf die zur Sondererbfolge berufenen Erben aufgeteilt. Es kommt zu einer Zerstückelung der Beteiligung und Vervielfachung der Anzahl der Gesellschafter. Die Entscheidungsfindung wird erschwert, da die hinzutretenden Gesellschafter-Erben kapitalmäßig nur gering beteiligt sind und oftmals dem Unternehmen fremd gegenüberstehen.
Auch bei der OHG bietet sich daher an, die Einzelinteressen der Gesellschaftererben durch die Einführung einer Vertreterklausel zur obligatorischen Gruppenvertretung im Gesellschaftsvertrag zu bündeln, um die Unternehmensführung, insbesondere Entscheidungsfindung, zu erleichtern.
Eine Klausel zur obligatorischen Gruppenvertretung im Gesellschaftsvertrag könnte wie folgt lauten:
Formulierungsbeispiel
Werden mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer eines Gesellschafters Gesellschafter, die bislang noch nicht an der Gesellschaft beteiligt waren, können sie ihre Stimmrechte nur einheitlich durch einen gemeinsamen Vertreter ausüben, sofern es sich nicht um Beschlüsse über die Änderung oder Ergänzung des Gesellschaftsvertrages handelt. Gemeinsamer Vertreter kann nur ein Gesellschafter oder ei...