Rz. 151
Gesellschafterbeschlüsse können mangelhaft (nichtig oder anfechtbar) sein. Gesellschafter können die Mangelhaftigkeit mit Klagen geltend machen, bei formal (zumal von einem Versammlungsleiter) festgestellten Beschlüssen mit Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen. Diese sind regelmäßig fristgebunden. Das GmbHG enthält keine Regeln zu Beschlussmängeln; die ganz h.M. schließt die Lücke grundsätzlich durch Analogie zu §§ 241–257 AktG (meist beschränkt bis zur Novelle durch UMAG und ARUG) mit Besonderheiten, wenn diese die spezifischen Unterschiede zwischen den Gesellschaftsformen fordern. Im GmbH-Recht gilt auch die Unterscheidung zwischen nichtigen und "nur" anfechtbaren (d.h. nur aufgrund Anfechtungsklage für nichtig erklärbaren) Beschlüssen. Andere Möglichkeiten der Überprüfung von festgestellten Beschlüssen als durch Klagen analog §§ 246, 249 AktG bestehen nach der Rspr. grundsätzlich nicht. Anderes gilt hinsichtlich der Feststellung der Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen (z.B. mangels Zustimmung von Gesellschaftern, die ein individuelles Sonderrecht auf Zustimmung haben, vgl. Rdn 160); die Gesellschafter sollen diese grundsätzlich nur im Wege der allgemeinen (nicht fristgebundenen) Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend machen können. Sind Beschlüsse nicht vom Versammlungsleiter festgestellt (bzw. besteht Dissens, ob ein Beschluss gefasst wurde), kommt nach h.M. nur eine (grundsätzlich nicht fristgebundene) Klage nach § 256 ZPO zur Feststellung des eventuellen Beschlussinhalts bzw. der Mangelhaftigkeit in Betracht.
Ein häufiger Grund für die Rechtswidrigkeit von Beschlüssen sind Ladungsmängel. Mangels Satzungsregelungen ist die Gesellschafterversammlung unabhängig von der Zahl der teilnehmenden oder mitstimmenden Gesellschafter beschlussfähig (vgl. Rdn 160). Beschlüsse können bei Ladungsmängeln ausnahmsweise nicht nur anfechtbar, sondern nichtig sein, wenn einem Gesellschafter die Teilnahme an einer (z.B. in der allgemeinen Urlaubszeit oder während seiner Krankheit anberaumten) Versammlung, in der ihn persönlich betreffende Beschlüsse gefasst werden sollen, unmöglich gemacht oder erschwert und sein Wunsch nach Terminverlegung ohne anerkennenswerten Grund ignoriert wird. Das liegt auf der Linie des BGH, wonach es einer zur Nichtigkeit führenden Nichtladung gleichsteht, wenn ein Ladungsmangel die Teilnahme eines Gesellschafters faktisch unmöglich macht und ihm dadurch die Ausübung seines unverzichtbaren Gesellschafterrechts entzieht. Bei Beschlussfassung durch sämtliche Gesellschafter können z.B. Ladungs- oder Ankündigungsmängel gem. § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG geheilt werden (vgl. Rdn 217).
Nach dem BGH sind Beschlussmängelstreitigkeiten einschl. der Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG schiedsfähig, wenn (1) die aktienrechtlichen Regelungen in oder außerhalb des Gesellschaftsvertrags unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der GmbH in einer Schiedsvereinbarung festgelegt sind und (2) sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einem dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise (Mindeststandard an Mitwirkungsrechten und Rechtsschutzgewährung für alle Gesellschafter) ausgestattet ist.
Mangelhaftigkeit von eintragungspflichtigen Beschlüssen kann dazu führen, dass das Handelsregister Beschlüsse nicht einträgt. Angeblich sollen einstimmig getroffene, aber formunwirksame oder sonst anfechtbare Gesellschafterbeschlüsse in schuldrechtliche Nebenabreden (vgl. Rdn 35) umgedeutet werden können, auf die sich die GmbH nach § 328 BGB berufen könne; solche Beschlüsse sollen trotz Satzungsverstoßes nicht anfechtbar sein, wenn sie im Einklang mit der Nebenabrede stehen.