Rz. 50

Die einmal entstandene Tarifbindung einer Arbeitsvertragspartei bleibt so lange bestehen, bis der Tarifvertrag endet, § 3 Abs. 3 TVG. Das bedeutet: Weder der Austritt des Arbeitgebers aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband noch der Austritt des Arbeitnehmers aus der tarifschließenden Gewerkschaft noch beides zusammen hat Einfluss auf die jeweilige Tarifbindung, solange der Tarifvertrag selbst nicht geendet hat. Dies wiederum hat zur Folge, dass die normative Wirkung des Tarifvertrages auch dann entsteht, wenn der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags zwar aus dem betreffenden Arbeitgeberverband schon ausgetreten war, der Tarifvertrag selbst aber noch weiter galt und der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss entweder bereits Mitglied der betreffenden Gewerkschaft war oder er jedenfalls noch während des Geltungszeitraumes des Tarifvertrages der tarifschließenden Gewerkschaft beitritt (BAG v. 4.8.1993 – 4 AZR 499/92). Das Gleiche gilt für den umgekehrten Fall, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrages der Arbeitnehmer aus der tarifschließenden Gewerkschaft bereits ausgetreten, die Laufzeit des betreffenden Tarifvertrags dagegen noch nicht beendet war und der Arbeitgeber dem tarifschließenden Arbeitgeberverband angehörte oder ihm noch während des Geltungszeitraumes des Tarifvertrages beitritt.

 

Rz. 51

Die Tarifbindung der aus der jeweiligen Tarifvertragspartei ausgetretenen Arbeitsvertragspartei entfällt erst, wenn der Tarifvertrag seinerseits endet. Aus dem eindeutigen Wortlaut von § 3 Abs. 3 TVG folgt, dass das tatsächliche Ende des jeweiligen Tarifvertrages gemeint ist und nicht sein mögliches Ende (BAG v. 20.5.2009 – 4 AZR 230/08). Mithin endet ein in seiner Laufzeit von vornherein befristeter Tarifvertrag, wenn das zeitliche Fristende erreicht ist. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Endes der Nachbindung ist bei unbefristeten, aber kündbaren Tarifverträgen der Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer tatsächlich erfolgten Kündigung, im Zweifel nach Ablauf einer Kündigungsfrist, oder der Zeitpunkt einer tatsächlich erfolgten einvernehmlichen Aufhebung (BAG v. 20.5.2009, a.a.O.). Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Tarifbindung des ausgetretenen Arbeitgeberverbands- bzw. Gewerkschaftsmitgliedes nach § 3 Abs. 3 TVG entfalle bereits mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Kündbarkeit des Tarifvertrags, auch wenn keine der Tarifvertragsparteien ihn tatsächlich kündigt (Pogge, S. 112 ff., 118 m.w.N.). Diese Auffassung ist mit dem klaren Wortsinn des § 3 Abs. 3 TVG nicht vereinbar.

 

Rz. 52

Ist der Tarifvertrag wirksam außerordentlich und fristlos gekündigt worden, endet er mit Zugang der Kündigungserklärung bei der anderen Tarifvertragspartei (zur grds. bestehenden Möglichkeit, einen Tarifvertrag auch außerordentlich und fristlos zu kündigen, vgl. BAG v. 18.6.1997 – 4 AZR 710/95; BAG v. 18.2.1998 – 4 AZR 363/96).

 

Rz. 53

Ein Tarifvertrag endet ferner, wenn er von den Tarifparteien einvernehmlich aufgehoben wird. Werden von ihnen nur einzelne Vorschriften einvernehmlich geändert, hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob dadurch der Tarifvertrag insgesamt beendet worden ist oder ob nur die betreffenden Vorschriften endeten (vgl. BAG v. 18.3.1992 – 4 AZR 339/91; Däubler, NZA 1996, 225, 227 m.w.N.). Verlängern die Tarifvertragsparteien nach dem Austritt eines Mitgliedes die Laufzeit eines Tarifvertrags erheblich, so ist das zuvor ausgetretene Mitglied nicht mehr nach § 3 Abs. 3 TVG gebunden (LAG Köln v. 25.1.2006 – 7 Sa 831/05).

 

Rz. 54

Hingegen endet ein Tarifvertrag nicht allein deshalb, weil sich einer der tarifvertragsschließenden Partner auflöst (BAG v. 23.1.2008 – 4 AZR 312/01). Jedoch bleiben die Möglichkeiten der Beendigung, wie die Kündigung durch den sich auflösenden Verband, bestehen. Eine solche Kündigung kann auch noch nach Auflösung des Verbandes durch die Liquidatoren erklärt werden.

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