Rz. 378

Auch Treue- oder Anwesenheitsprämien können je nach Ausgestaltung gratifikationsähnliche Sonderleistungen sein. Mit einer Treueprämie soll zumeist die langjährige Betriebszugehörigkeit und/oder die treue Pflichterfüllung während eines bestimmten Bezugszeitraumes belohnt werden. Auch die Jubiläumszuwendung gehört hierher (BAG v. 28.5.2008 – 10 AZR 274/07; BAG v. 23.10.2002 – 10 AZR 48/02). Der Anspruch des Beschäftigten auf ein Jubiläumsgeld "bei Vollendung" einer bestimmten Beschäftigungszeit setzt nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht (BAG v. 9.4.2014 – 10 AZR 635/13).

 

Rz. 379

Demgegenüber ist die Anwesenheitsprämie eine in ihrer Höhe von der Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb abhängige Sonderleistung. Hierunter ist eine Geldleistung zu verstehen, mit deren Zusage dem Arbeitnehmer der Anreiz geboten wird, die Zahl seiner berechtigten oder unberechtigten Fehltage im Bezugszeitraum möglichst gering zu halten. Eine derartige Leistung ist nicht an bestimmte Zahlungsmodalitäten gebunden, sondern sie kann als Prämie für jeden einzelnen Tag, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnimmt, gezahlt werden, als Einmalleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. am Jahresende oder viermal jährlich, bezogen auf den davor liegenden Dreimonatszeitraum (BAG v. 25.7.2001 – 10 AZR 502/00). Dabei können die Anspruchsvoraussetzungen für eine Anwesenheitsprämie sehr unterschiedlich geregelt sein. Anwesenheitsprämien sind nach Einführung der gesetzlichen Regelung des § 4a EntgFG grds. zulässig, womit ein grundlegender Streit in der Rspr. des BAG sein Ende gefunden hat. Nach § 4a S. 2 EntgFG darf der Arbeitgeber pro Krankheitstag Leistungen nicht über ¼ des Entgeltes kürzen, das im Jahresdurchschnitt für einen Arbeitstag zu zahlen ist. Daher ist die Anwesenheitsprämie als Teil des fortzuzahlenden Entgeltes einerseits weiterzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank ist. Dies bedeutet jedoch andererseits, dass dem krankheitsbedingt abwesenden Arbeitnehmer die Anwesenheitsprämie nur insoweit gezahlt werden muss, als er überhaupt einen Entgeltfortzahlungsanspruch hat. Besteht ein solcher nicht, etwa wegen groben Eigenverschuldens an der Krankheit, oder endet er etwa wegen Überschreitung des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraumes, entfällt bzw. endet damit auch der Anspruch auf die Anwesenheitsprämie (BAG v. 23.5.1984 – 5 AZR 500/81). Die Grenzen einer Differenzierung sind aus § 4a S. 2 EntgFG abzuleiten. Eine Differenzierung ist in diesen Grenzen auch bei einer vergangenheitsbezogenen Regelung sachlich gerechtfertigt und zulässig.

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