Entscheidungsstichwort (Thema)
Weihnachtszuwendung. Wegfall bei Fehlzeiten. Weihnachtsgeld. Gleichbehandlung. Gratifikation/Sondervergütung
Leitsatz (amtlich)
Gewährt ein Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne Rechtsbindung für die Zukunft eine Weihnachtszuwendung als freiwillige Leistung, so kann er in den Grenzen des § 4a Satz 2 EFZG solche Arbeitnehmer ausnehmen, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufwiesen.
Orientierungssatz
- Bei einer zukunftsgerichteten Anwesenheitsprämie muß den Arbeitnehmern im voraus bekannt sein, daß und in welchem Umfang sie bei Fehltagen im Bezugszeitraum gekürzt wird.
- Um eine solche Anwesenheitsprämie handelt es sich nicht, wenn der Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne jegliche Bindung für die Zukunft ein Weihnachtsgeld als freiwillige Leistung gewährt und dabei ua. danach differenziert, in welchem Umfang die Arbeitnehmer in der Vergangenheit Arbeitsleistungen erbracht haben oder Fehlzeiten aufwiesen.
- Zahlt der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld in unterschiedlicher Höhe, hat ein nicht berücksichtigter Arbeitnehmer etwaige generelle Regelungen darzulegen und die Gruppe von Arbeitnehmern zu bezeichnen, mit der er sich für vergleichbar hält, wenn er geltend machen will, nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz stehe auch ihm ein Weihnachtsgeld zu.
Normenkette
BGB § 611; EFZG § 4a; BGB § 612a
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Weihnachtszuwendung für das Jahr 1999.
In der Vergangenheit zahlte die Beklagte ihren Arbeitnehmern jeweils eine Weihnachtszuwendung, dem Kläger zuletzt in folgender Höhe:
1990 |
5.100,00 DM brutto |
1991 |
5.400,00 DM brutto |
1992 bis 1995 |
jeweils 5.500,00 DM brutto |
1996 und 1997 |
jeweils 5.700,00 DM brutto. |
Der Kläger wie seine Kollegen unterzeichneten beim Empfang der Sonderzahlung jeweils eine Erklärung, wonach es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten handele, auf die kein Rechtsanspruch bestehe und deren Wiederholung in den Folgejahren sich die Beklagte vorbehalte. Auch enthalten die Vergütungsabrechnungen der Kalenderjahre 1993 bis 1997, mit denen die Weihnachtszuwendung abgerechnet wurde, den Vermerk “freiwillig, jederzeit widerruflich”. Im Jahre 1998 unterschrieb der krankheitsbedingt fehlende Kläger im Gegensatz zu seinen Kollegen den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht.
Der Kläger war ab 13. Oktober 1998 arbeitsunfähig erkrankt und erbrachte im Jahr 1999 lediglich vom 8. März bis 12. März und am 14. April Arbeitsleistungen. Vom 15. bis 26. März 1999 nahm er Urlaub. Im übrigen war der Kläger während des Kalenderjahres 1999 arbeitsunfähig. Seit dem 31. Mai 2000 arbeitete der Kläger wieder. Inzwischen ist das Arbeitsverhältnis beendet.
Für das Jahr 1998 zahlte die Beklagte dem Kläger zunächst 3.000,00 DM Weihnachtsgeld. Durch rechtskräftiges Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. Juni 2000 (– 7 Sa 161/00 –) wurde sie jedoch verurteilt, dem Kläger auf die Weihnachtszuwendung 1998 weitere 2.700,00 DM brutto zu zahlen.
Für das Jahr 1999 zahlte die Beklagte dem Kläger keine Weihnachtszuwendung, leistete jedoch an Kollegen des Klägers den Vorjahren entsprechende Zahlungen. Dabei ging die Beklagte unabhängig von der monatlichen Vergütung eines Arbeitnehmers von einem Höchstbetrag von 5.700,00 DM aus, den sie nach individuellen Kriterien kürzte.
Der Kläger hat für das Jahr 1999 eine Weihnachtszuwendung in Höhe von 5.700,00 DM brutto beansprucht und diesen Anspruch zunächst auf betriebliche Übung gestützt. Weiter hat er die Auffassung vertreten, er müsse wie seine Kollegen die Weihnachtszuwendung erhalten; die Beklagte sei nicht berechtigt, krankheitsbedingte Fehlzeiten anspruchsmindernd zu berücksichtigen, jedenfalls nicht rückwirkend. Mit ihrem Schriftsatz vom 26. April 1999 im Verfahren – 7 Sa 161/00 – habe die Beklagte nicht hinreichend deutlich gemacht, daß die Sonderzahlung den Charakter einer Anwesenheitsprämie habe. Da die Beklagte 1999 an alle Arbeitnehmer eine Sonderzahlung geleistet habe, dürfe sie ihn, den Kläger, hiervon nicht ausnehmen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.700,00 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 17. Mai 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, Ansprüche aus betrieblicher Übung könnten schon auf Grund des jeweiligen Freiwilligkeitsvorbehalts nicht entstehen. Bei der individuellen Festlegung der Weihnachtsgeldzuwendung habe sie Leistungskriterien, Fehlzeiten, betriebliches Verhalten, alkoholbedingte Auffälligkeiten und den persönlichen Einsatz des Arbeitnehmers berücksichtigt. Dies sei den Arbeitnehmern des Betriebes seit langem bekannt gewesen und vom Kläger nie beanstandet worden, auch nicht in seiner angeblichen Funktion als Vorsitzender des Betriebsrats. Überdies habe der Kläger durch den Schriftsatz vom 26. April 1999 hinreichende Kenntnis davon gehabt, daß mit der Weihnachtszuwendung auch die Anwesenheit honoriert werde. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Anwesenheitsprämien gelte nicht für freiwillige Zahlungen. § 4b EFZG ( = jetzt § 4a EFZG) finde nur auf Sonderzahlungen, auf die ein vertraglicher oder tariflicher Anspruch bestehe, Anwendung. Der Kläger habe sich schon auf Grund der Existenz des § 4b EFZG wie jeder Arbeitnehmer darauf einstellen können, daß jede Fehlzeit zu Kürzungen führe. Die Krankheitszeiten berechtigten die Beklagte deshalb, den Kläger ungleich zu anderen Arbeitnehmern zu behandeln. Neben den Fehlzeiten im Jahr 1999 habe sie beim Kläger auch mehrfaches Fehlverhalten im Jahr 1998 berücksichtigt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Weihnachtszuwendung für das Jahr 1999.
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Burger, Großmann
Fundstellen
Haufe-Index 840628 |
BAGE 2004, 151 |
BB 2002, 2288 |
BB 2002, 2552 |
DB 2002, 2384 |
NWB 2002, 3756 |
BuW 2003, 395 |
EBE/BAG 2002, 164 |
ARST 2003, 130 |
EWiR 2002, 1001 |
FA 2002, 378 |
FA 2002, 392 |
NZA 2002, 1284 |
SAE 2003, 314 |
StuB 2003, 144 |
ZAP 2003, 15 |
AP, 0 |
DVP 2005, 527 |
EzA-SD 2002, 5 |
EzA |
MDR 2003, 91 |
PERSONAL 2003, 59 |
AUR 2002, 437 |
ArbRB 2002, 327 |
RdW 2003, 148 |
PP 2002, 32 |
Personalmagazin 2002, 31 |
SPA 2002, 5 |