Leitsatz (amtlich)
Will der Arbeitgeber einer Sonderzuwendung den Charakter einer Anwesenheitsprämie verleihen, so muss er dies zu Beginn des Bezugszeitraumes auch dann offenlegen, wenn der Arbeitnehmer den Anspruch nur auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen kann Eine nachträgliche Differenzierung im Hinblick auf vergangene Fehlzeiten ist nicht zulässig.
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.01.2001; Aktenzeichen 15 Ca 2986/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom15. Januar 2001 – 15 Ca 2986/00 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.700,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 28. April 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu zahlen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Weihnachtszuwendung für 1999.
Der schwerbehinderte Kläger ist seit 02.02.1975 auf Grund mündlichen Arbeitsvertrages bei der Beklagten beschäftigt, nach seinen Angaben als Vorarbeiter mit einer zuletzt erzielten durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von DM 5.700,–. Im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht hat die Beklagte in Abrede gestellt, dass bei ihr ein ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat existiert, dessen Vorsitzender der Kläger ist. Die Beklagte zahlte dem Kläger wie ihren anderen Arbeitnehmern in der Vergangenheit ein als Weihnachtsgeld oder Weihnachtszuwendung bezeichnete Zuwendung, dem Kläger zuletzt in folgender Höhe:
1990: 5100 DM
1991 DM 5.400.– brutto
1992 bis 1995 jeweils DM 5.500,– brutto
1996 und 1997 jeweils DM 5.700,– brutto. (vgl. Gehaltsabrechnungen Bl. 16 bis 23 d.A.)
Es ist unstreitig geworden, dass der Kläger wie seine Kollegen in der Vergangenheit bis 1997 beim Empfang des jährlichen Weihnachtsgeldes jeweils eine Erklärung unterzeichnete, wonach es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten handle, auf die kein Rechtsanspruch besteht und deren Wiederholung in den Folgejahren sich die Beklagte vorbehält. Auf die von der Beklagten beispielhaft vorgelegten Erklärungen vom 06.12.1993 (Bl. 58 d. A.) und 06.12.1996 (Bl. 59 d. A.) wird verwiesen. Auch enthalten die vom Kläger vorgelegten Dezemberabrechnungen der Kalenderjahre 1993 bis 1997, mit denen jeweils die Weihnachtszuwendung abgerechnet wurde, den Vermerk „freiwillig, jederzeit widerruflich. 1998 unterschrieb der krankheitsbedingt fehlende Kläger im Gegensatz zu seinen Kollegen den Freiwilligkeitsvorbehalt nicht.
Für das Jahr 1998 zahlte die Beklagte dem Kläger zunächst DM 3.000 – brutto Weihnachtsgeld. Durch rechtskräftiges Urteil des Hess. LAG vom 06.06.2000 (AZ. 7 Sa 161/00, Bl. 33–42 d. A.) wurde sie jedoch verurteilt, dem Kläger auf die Weihnachtszuwendung 1998 weitere DM 2.700,– brutto zu zahlen.
Für das Jahr 1999 zahlte die Beklagte dem Kläger keine Weihnachtsgratifikation, leistete jedoch an Kollegen des Klägers den Vorjahren entsprechende Zahlungen. Dabei ging die Beklagte unabhängig von der monatlichen Vergütung eines Arbeitnehmers von einem Höchstbetrag von 5700 DM aus, den sie nach individuellen Kriterien kürzte.
Der Kläger war ab 13.10.1998 arbeitsunfähig erkrankt und erbrachte im Jahr 1999 lediglich vom 08.03. bis 12.03. und am 14.04. Arbeitsleistungen. Vom 15.03.1999 bis 26.03.1999 nahm er Urlaub in Anspruch. Im übrigen war der Kläger während des Kalenderjahres 1999 arbeitsunfähig. Seit dem 31.5.2000 arbeitete der Kläger wieder. Inzwischen hat die Beklagte den Kläger suspendiert und betreibt dessen außerordentliche Kündigung.
Der Kläger hat für das Jahr 1999 eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von DM 5.700,– beansprucht und den geltend gemachten Anspruch zunächst auf betriebliche Übung gestützt. Weiter hat er gemeint, er müsse wie seine Kollegen das Weihnachtsgeld erhalten und die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt, krankheitsbedingte Fehlzeiten anspruchsmindernd zu berücksichtigen, jedenfalls nicht rückwirkend.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 5.700,– brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 17.05.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint. Ansprüche aus betrieblicher Übung könnten schon auf Grund dem Kläger bekannten Freiwilligkeitsvorbehalts nicht entstehen. Bei der Kürzungsentscheidung habe sie beim Kläger dessen Fehlzeiten im Jahr 1999, Fehlverhalten im Jahr 1998 sowie den Umstand berücksichtigt, dass der Kläger ihrer Ansicht nach keine „treuen” Dienste geleistet habe.
Die Beklagte behauptet, bei anderen Arbeitnehmern habe sie das Leistungsverhalten, ein korrektes persönliches Verhalten und alkoholbedingte Auffälligkeiten berücksichtigt.
Das Arbeitsgericht hat d. Klage durch Urteil vom 15.1.2001 abgewiesen. Es hat einen Anspruch aus betrieblicher Übung im Hinblick auf den vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehalt verneint. Einen Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz hat das Arbeitsgericht im Hinblick auf die Fehlzeiten 1999 abgeleh...