Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
aa) Persönlicher Geltungsbereich
Rz. 1032
Vom persönlichen Geltungsbereich des UrhG geschützt wird nach § 11 UrhG der Urheber, d.h. derjenige der das Werk geschaffen hat (§ 7 UrhG). Es gilt also auch dann das Schöpferprinzip, wenn ein Werk im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wird.
Rz. 1033
Die Generalklausel des § 43 UrhG gilt für Werkschöpfungen, die von dem Urheber in Erfüllung einer Verpflichtung "aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis" geschaffen wurden.
Rz. 1034
Das Urheberrecht – und insbesondere § 43 UrhG – enthält keinen urheberrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Ausschließlich maßgeblich ist der im Arbeitsrecht geltende Begriff des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses (vgl. auch Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 3). Für die Frage der Anwendbarkeit des § 43 UrhG ist demnach wesentlich, dass der Urheber in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber steht (BAG v. 31.7.2014 – 2 AZR 422/13; BAG v. 15.2.2012 – 10 AZR 301/10; BAG v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02; BAG v. 3.6.1998 – 5 AZR 656/97; Schricker/Loewenheim/Rojahn, UrhG, § 43 Rn 14 mit einer ausführlichen Auflistung etwaiger Kriterien). Durch den Grad der Abhängigkeit unterscheidet sich ein Arbeitsverhältnis von einem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters. Als Indiz für die Abhängigkeit gilt insb. die Weisungsgebundenheit, wobei zu beachten ist, dass das Weisungsrecht des Auftragsgebers im schöpferischen Bereich begrenzt ist, was im Wesen künstlerischer Tätigkeit liegt (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 7).
Rz. 1035
Die Rspr. hat bspw. in folgenden Fällen eine Arbeitnehmereigenschaft des Urhebers bejaht (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 4 m.w.N.):
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Autor und Regisseur (BAG v. 15.3.1978, AP Nr. 26, 34 zu § 611 Abhängigkeit); |
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Bildhauer, Designer, Fotografen (BAG v. 16.6.1998 – 5 AZN 154/98); |
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Bühnenbildner (BAG v. 3.10.1975, AP Nr. 17 zu § 611 Abhängigkeit; a.A. LAG Berlin v. 16.8.1983, AP Nr. 44 zu § 611 Abhängigkeit); |
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Cutter (BAG v. 17.4.2013 – 10 AZR 272/12); |
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Hörfunkkorrespondent (BAG v. 7.5.1980, AP Nr. 35 zu § 611 Abhängigkeit); |
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Journalisten (KG v. 30.4.2004 – 5 U 98/02); |
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Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Dienste (BVerwG v. 25.6.2015 – 7 C 1.14) |
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Orchestermusiker (BAG v. 9.10.2002, AP Nr. 114 zu § 611 Abhängigkeit; differenzierter: LAG Köln v. 15.10.2009 – 10 Ta 129/09); |
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Rundfunk- und Fernsehmitarbeiter (BAG v. 30.11.1994 – 5 AZR 704/93); |
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Reporter (BAG v. 22.6.1977, AP Nr. 22 zu § 611 Abhängigkeit); |
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Sprecher und Übersetzer (BAG v. 3.10.1975, AP Nr. 15 zu § 611 Abhängigkeit); |
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Übersetzer (BAG v. 11.3.1998, AP Nr. 74 zu § 611 Abhängigkeit). |
Rz. 1036
In folgenden Beispielsfällen hat das BAG die Arbeitnehmereigenschaft verneint:
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Autorenbetreuer und Lektor (BAG v. 27.3.1991, AP Nr. 53 zu § 611 Abhängigkeit; ArbG Berlin v. 8.1.2004 – 78 Ca 26918/03); |
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Bildberichterstatter (BAG v. 29.1.1992 – 7 ABR 25/91); |
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Kameramann (BAG v. 8.6.1967, AP Nr. 6 zu § 611 Abhängigkeit); |
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nebenberuflich tätige Rundfunkreporter (BAG v. 22.4.1998, AP Nr. 96 zu § 611 Abhängigkeit); |
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Sportredakteur (BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 499/06). |
Rz. 1037
Nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind arbeitnehmerähnliche Personen, da ihnen die persönliche Abhängigkeit fehlt. § 43 UrhG ist daher auf arbeitnehmerähnliche Personen nicht anwendbar, wohl aber einzelne arbeitsrechtliche Schutzvorschriften (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 9; Dreier/Schulze, UrhG, § 43 Rn 8; Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 6). Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass urheberrechtliche Regelungen auch für arbeitnehmerähnliche Personen gelten, insb. wenn diese Regelungen in Tarifverträgen enthalten sind, die unter den Voraussetzungen des § 12a TVG auch arbeitnehmerähnliche Personen erfassen (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 6).
Rz. 1038
Keine Anwendung findet § 43 UrhG auf freie Mitarbeiter.
bb) Sachlicher Geltungsbereich
Rz. 1039
Die Regelung des § 43 UrhG gilt für sämtliche Werke, die der Urheber in Erfüllung seines Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses geschaffen hat.
Rz. 1040
Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 UrhG sind Werke nur "persönlich geistige Schöpfungen". Dieser Werkbegriff gilt grds. für sämtliche Werkarten. Auch § 69a Abs. 3 UrhG, der für Computerprogramme darauf abstellt, dass es sich um "individuelle Werke" handelt, setzt zumindest eine eigene geistige Schöpfung voraus (vgl. BGH v. 20.9.2012 – I ZR 90/09; EuGH v. 1.3.2012 – C-604/10; Schricker/Loewenheim, UrhG, § 69a Rn 14). Auch einfache, gerade noch individuelle Computerprogramme, also die sog. "kleine Münze", sind in den Programmschutz einbezogen (BT-Drucks 12/4022, 9). Andere Kriterien sind gem. § 69a Abs. 3 S. 2 UrhG nicht anzuwenden (beruhend auf Art. 1 Abs. 3 der Software-RL 2009/24/EG).
Rz. 1041
Eine eigene (geistige) Schöpfung setzt das Werk eines Menschen voraus. Reine Maschinenerzeugnisse, die nicht Ausdruck einer menschlich, schöpferischen Tätigkeit mit hinreichender Individualität sind, werden daher nicht erfasst (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 69a Rn 26, § 2 Rn 8).
Rz. 1042
Jedes Werk muss einen geistigen Gehalt haben. Di...