aa) Allgemeines

 

Rz. 1055

Das Urheberrecht ist nach § 29 Abs. 1 UrhG grundsätzlich nicht rechtsgeschäftlich übertragbar. Das Urheberrecht an einem im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses geschaffenen Werkes geht auch nicht automatisch auf den Arbeitgeber oder Dienstherrn über.

 

Rz. 1056

Stattdessen kann der Urheber Nutzungsrechte nach § 31 ff. UrhG einräumen. Der Arbeitgeber bzw. Dienstherr muss sich daher das zur Verwertung des Werkes erforderliche Nutzungsrecht vom Arbeitnehmer einräumen lassen. In erster Linie sind die ausdrücklichen Absprachen im Arbeits- oder Dienstvertrag zu beachten, die bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit i.S.v. § 138 BGB die Einräumung von Nutzungsrechten vorsehen können (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 11). Auch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge können Urheberrechtsklauseln enthalten.

 

Rz. 1057

Es empfiehlt sich, eine Pflicht zur Einräumung von Nutzungsrechten an einem im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu schaffenden Werkes ausdrücklich und schriftlich im Arbeitsvertrag zu regeln. Da der Abschluss eines Arbeitsvertrages grds. formfrei ist, ist dies aber nicht zwingend. Etwas anderes gilt, wenn es sich um einen Vertrag über unbestimmte künftige Werke handelt, "die nicht näher oder nur der Gattung nach bestimmt sind". Hier sieht § 40 Abs. 1 S. 1 UrhG zwingend die Schriftform vor.

 

Rz. 1058

Es ist grds. möglich, im Arbeitsvertrag die Nutzungseinräumung auszuschließen. Will der Arbeitnehmer die Rechtseinräumung verhindern, so muss er bei Vertragsschluss nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) einen entsprechenden Vorbehalt ausdrücklich erklären (BGH v. 22.2.1974 – I ZR 128/72).

 

Rz. 1059

Fehlt es an einer ausdrücklichen Abrede zur Nutzungseinräumung im Arbeitsvertrag, wird allgemein von einer stillschweigenden Rechtseinräumung im Arbeits- und Dienstverhältnis ausgegangen (BGH v. 22.2.1974 – I ZR 128/72; BAG v. 13.9.1983 – 3 AZR 371/81; BGH v. 15.3.1984 – I ZR 218/81; BGH v. 3.3.2005 – I ZR 111/02; Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 50; Schricker/Loewenheim/Rohjan/Frank, UrhG, § 43 Rn 40). Bei einer nur stillschweigenden Rechtseinräumung werden die Nutzungsrechte nur soweit eingeräumt, wie es zur Erfüllung der betrieblichen oder dienstlichen Zwecke erforderlich ist (vgl. hierzu Rdn 1062 f.).

 

Rz. 1060

Die stillschweigende Rechtseinräumung erfolgt bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrages (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 51; Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 12). Keine Anwendung findet hier § 40 UrhG, der für Verträge zur Einräumung von Rechten an künftigen Werken die Schriftform erfordert. Der dem § 40 UrhG zugrunde liegende Schutzgedanke bedarf hier keiner Anwendung, da der Arbeitnehmer weiß, dass von ihm schöpferische Leistungen gefordert sind (Schricker/Loewenheim/Rohjan/Frank, UrhG, § 43 Rn 44 m.w.N.). Aber selbst, wenn nach a.A. § 40 UrhG anzuwenden wäre, könnten die Rechte stillschweigend mit der jeweiligen Werksübergabe eingeräumt werden (BGH v. 22.2.1975 – I ZR 128/72).

bb) Umfang und Inhalt der Rechtseinräumung

 

Rz. 1061

Im Arbeits- und Dienstverhältnis sollte nicht nur die Pflicht der Einräumung von Nutzungsrechten vereinbart, sondern es sollten insb. auch die Reichweite der Nutzungseinräumung (Umfang des Nutzungsrechts) und die einzelnen Nutzungsrechte (Inhalt des Nutzungsrechts) geregelt werden.

 

Rz. 1062

Das UrhG regelt die Einräumung von Nutzungsrechten in § 31 UrhG, der auch im Rahmen von Arbeits- und Dienstverhältnissen gilt. Nach der in § 31 Abs. 5 UrhG zum Ausdruck kommenden Zweckübertragungslehre ist davon auszugehen, dass der Urheber im Zweifel nicht mehr Rechte einräumt als zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich sind (BGH v. 13.6.1980 – I ZR 45/78; BGH v. 27.9.1995 – I ZR 215/93; BGH v. 4.7.1996 – I ZR 101/94; BGH v. 3.3.2005 – I ZR 111/02; BGH v. 28.10.2010 – I ZR 18/09). Auch ein Beamter wird seinem Dienstherrn im Zweifel stillschweigend sämtliche Rechte einräumen, die dieser zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt (BGH v. 12.5.2010 – I ZR 209/07).

 

Rz. 1063

Es ist im Zweifel und insb. bei der stillschweigenden Rechteeinräumung davon auszugehen, dass dem Arbeitgeber Nutzungsrechte insoweit eingeräumt werden, wie er sie zur Erfüllung seiner betrieblichen Aufgaben benötigt (Wandtke/Bullinger/Wandtke, UrhG, § 43 Rn 55). Im Einzelfall ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Einräumung von Nutzungsrechten zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist (BGH v. 12.5.2010 – I ZR 209/07; BGH v. 22.2.1974 – I ZR 128/72; BAG v. 13.9.1983 – 3 AZR 371/81). Eine Einräumung von Nutzungsrechten über den Betriebszweck hinaus kann grds. nicht ohne Weiteres angenommen werden (BGH v. 22.4.2004 – I ZR 174/01). Änderungen und Erweiterungen des Betriebs vor Schaffung des Werks sind bei der Beurteilung der Reichweite der Einräumung zu berücksichtigen (Büscher/Dittmer/Schiwy, UrhG, § 43 Rn 12). Änderungen und Erweiterungen des Betriebs nach Schaffung des Werks führen hingegen regelmäßig nicht zu einer erweiterten Rechtseinräumung.

 

Rz. 1064

Sind die einzelnen Nutzungsarten im Vertrag aufgeführt, ist für die Anwe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge