Dr. iur. Martin Nebeling, Manfred Ehlers
Rz. 231
Des sachlichen Grundes bedarf auch die nachträgliche Befristung eines bereits bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu erkennen gegeben hat, dass er zu einer unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht bereit ist (BAG v. 24.1.1996 – 7 AZR 496/95, NZA 1996, 1089; BAG v. 30.1.1997, NZA 1997, 1057; BAG v. 3.12.1997, NZA 1998, 1000). Dies ist unabhängig davon, ob im Zeitpunkt der Vereinbarung bereits Bestandsschutz nach dem KSchG besteht oder nicht (BAG v. 8.7.1998, AP BGB § 620 befristeter Arbeitsvertrag Nr. 201).
Rz. 232
Kommt es zu keiner Vereinbarung über eine nachträgliche Befristung, kann der Arbeitgeber durch eine Änderungskündigung (vgl. hierzu im Einzelnen § 25 Rdn 1 f.) das Arbeitsverhältnis nachträglich befristen (BAG v. 25.4.1996 – 2 AZR 609/95, NZA 1996, 1197). Besteht zu diesem Zeitpunkt bereits allgemeiner Kündigungsschutz, kann der Arbeitnehmer die angebotene Befristung unter Vorbehalt annehmen und Änderungsschutzklage erheben. Dabei wird der sachliche Grund der Befristung inzidenter mitbeurteilt (BAG v. 25.4.1996 – 2 AZR 609/95, NZA 1996, 1197; ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rn 14; krit. zur Rspr. und herrschenden Meinung: Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus, § 14 TzBfG Rn 22). Die soziale Rechtfertigung einer solchen Änderungskündigung hängt davon ab, ob ein betriebliches Erfordernis zur Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen besteht und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Änderungen anbietet, die für diesen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes annehmbar sind. In diesem Zusammenhang ist zudem zu prüfen, ob das Angebot einer nur befristeten Weiterbeschäftigung – unter anderem nach § 14 TzBfG – sachlich gerechtfertigt ist. Fehlt es daran, muss der Arbeitnehmer die Änderung der Arbeitsbedingungen billigerweise nicht hinnehmen, was die Sozialwidrigkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen i.S.v. §§ 1, 2 KSchG zur Folge hat (BAG v. 8.7.1998, BAGE 89, 216, zu II 1 der Gründe; BAG v. 25.4.1996, BAGE 83, 82, zu II 1 der Gründe; BAG v. 16.12.2010, NJOZ 2011, 1376, 1379). Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber bei vertraglich vereinbarter Altersgrenze die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf einen vor diesem Zeitpunkt liegenden Termin anstrebt (BAG v. 16.12.2010, NJOZ 2011, 1376, 1379).
Nicht jede Änderungskündigung, die eine nur noch befristete Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zum Ziel hat, ist infolgedessen eine unzulässige Vorratskündigung. Wenn die Beschäftigungsmöglichkeit zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist und sachliche Gründe das Angebot einer nur noch befristeten (Weiter-) Beschäftigung rechtfertigen, ist sie rechtlich zulässig (BAG v. 25.4.1996, BAGE 83, 82, zu II 1 c der Gründe, BAG v. 16.12.2010, NJOZ 2011, 1376, 1379).
Rz. 233
Schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, ist zu differenzieren. Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Arbeitsverhältnis (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, Rn 26; BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15, Rn 20). Er ist seinem Regelungsgehalt nach auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, Rn 26; BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15, Rn 20). Das bringen die Parteien in der Regel durch die Wahl einer zeitnahen Beendigung, die sich häufig an der jeweiligen Kündigungsfrist orientiert, und weitere Vereinbarungen über Rechte und Pflichten aus Anlass der vorzeitigen Vertragsbeendigung zum Ausdruck (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, Rn 26; BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15, Rn 20). Ein solcher Aufhebungsvertrag ist nicht Gegenstand der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, Rn 26; BAG v.14.12.2016 – 7 AZR 49/15, Rn 20).
Demgegenüber ist von einer der Befristungskontrolle unterliegenden, auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Abrede auszugehen, wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet und es an weiteren Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fehlt, wie sie im Aufhebungsvertrag regelmäßig getroffen werden (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, Rn 26; BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15, Rn 20). Dazu gehören insbesondere Freistellungen, Urlaubsregelungen, ggf. auch Abfindungen uä. (BAG v. 18.1.2017 – 7 AZR 236/15, Rn 26; BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15, Rn 20; BAG v. 15.2.2007 – 6 AZR 286/06, Rn 16,). Infolgedessen dürfte in solchen Fällen ein sachlicher Grund entbehrlich sein, wenn der Arbeitnehmer nach Ablauf der anwendbaren Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Diese Problematik ist ohnehin nur für den außergerichtlich geschlossenen Aufhebungsvertrag von Bedeutung.
Beruht die Befristung eines Arbeitsverhältnisses in dieser Form hingegen auf einem gerichtlichen Vergleich, findet § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG Anwendung. Nach dieser Vorschrift liegt ein sachliche...