Rz. 234
In Art. 1 Abs. 2 lit. j EuErbVO werden die Errichtung, Funktionsweise und Auflösung eines Trusts ausdrücklich vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgeschlossen. Pflichtteile unterliegen aber gem. Art. 23 lit. h EuErbVO dem Erbstatut. Daher dürfte sich unter der Erbrechtsverordnung an der vorgenannten Problemlage und der bisherigen Lösung wenig ändern.
Rz. 235
Für das auf den Trust anwendbare Recht enthält das deutsche Recht keine einheitliche Kollisionsnorm. Das Haager Übereinkommen über das auf den Trust anwendbare Recht und die Anerkennung von Trusts vom 1.7.1985 ist von Deutschland nicht gezeichnet worden. Die Zuordnung zu den bestehenden Kollisionsnormen muss sich an den jeweiligen Wirkungen des Trusts und seiner konkreten Funktion orientieren. Im Einzelnen ist jedoch noch vieles umstritten oder ungelöst.
Rz. 236
Beim inter vivos trust wird man wohl zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis unterscheiden müssen: Für das Innenverhältnis, also die Beziehungen zwischen dem settlor und dem trustee, soll nach einer Ansicht das am Sitz der Hauptverwaltung geltende Recht, nach interessengerechter Ansicht das vom settlor bestimmte Recht gelten. Weitgehende Einigkeit besteht aber dahingehend, dass die dinglichen Wirkungen, also die Aufspaltung des Eigentums in Verwaltung und Zuweisung des materiellen Gehalts des Eigentums, sachenrechtlich zu qualifizieren ist und deren Zulässigkeit dem für das jeweilige einzelne Recht maßgeblichen Recht (also dem Sachenstatut, dem Forderungsstatut, dem Gesellschaftsstatut etc.) unterliegt. Dabei ist allgemein anerkannt, dass sich die Aufspaltung des Eigentums mit dem deutschen Sachenrecht, insbesondere dem hier geltenden numerus clausus der Sachenrechte, nicht vereinbaren lässt. Die Einbringung deutschem Sachenstatut unterliegender Sachenrechte oder deutschem Recht unterliegender Forderungen bzw. Gesellschaftsanteile in einen Trust ist daher nicht möglich. Allenfalls könnte man das entsprechende Rechtsgeschäft in eine Treuhandvereinbarung, die Erbeinsetzung der Begünstigten (unselbstständige Stiftung) und/oder die Bestellung eines Testamentsvollstreckers umdeuten.
Rz. 237
Praktisch bedeutete das nach der bis zum Inkrafttreten der EuErbVO herrschenden Ansicht, dass in einem auf den deutschen Nachlass gegenständlich beschränkten Erbschein die beneficiaries als Erben einzutragen wären, der trustee hingegen als Testamentsvollstrecker zu behandeln ist. Richtiger dürfte es nunmehr aber sein, den trustee, der das Eigentum am Treugut, im Rahmen der Erbfolge aber den gesamten Nachlass einschließlich aller Aktiva und Passiva erwirbt, als Eigentümer bzw. Erben zu behandeln und die beneficiaries, die auf einen Anspruch auf Auskehrung des Treuguts nach den Bedingungen des Trust-Agreements beschränkt sind, wie "Vermächtnisnehmer" zu behandeln. Vorherrschend ist auch die Ansicht, dass ein testamentary trust erbrechtlich zu qualifizieren ist. Wie demgegenüber ein auch der Vermögensnachfolge dienender inter vivos trust zu behandeln ist, der zur Nachlassregelung eingesetzt wurde, ist umstritten. Czermak zieht mit dem Tod des settlor eine Zäsur: Während die Rechtsbeziehungen vor dem Erbfall dem gewählten Recht unterständen, gelte nach dem Tod des settlor das Erbstatut. Nach Dörner hingegen ist jedenfalls der unwiderrufliche inter vivos trust als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu behandeln. Gleiches gelte für den widerruflichen inter vivos trust – dem allerdings im Verhältnis zum Begünstigten eine erbrechtlich zu qualifizierende Schenkung von Todes wegen zugrunde liegen könne. Da überwiegend vertreten wird, dass bei deutschem Erbstatut die Anordnung eines Trusts durch Testament stets unwirksam sei, solle der Trust zur Vermeidung von Anerkennungsschwierigkeiten bereits zu Lebzeiten errichtet werden.
Rz. 238
Das allerdings ist m.E. verfehlt: Auch bei deutschem Erbstatut dürfte es unproblematisch sein, einem Treuhänder Nachlass per Erbeinsetzung oder Vermächtnis mit der Auflage zukommen zu lassen, diesen in einen genauer spezifizierten Trust einzubringen. Voraussetzung ist allein, dass das für die einzelnen Nachlassgegenstände geltende Sachenstatut bzw. Forderungsstatut die Begründung des Trusts zulässt (sachenrechtliche Qualifikation). Bei deutschem Sachenstatut wäre der Trust dagegen wie eine "unselbstständige Stiftung" zu behandeln, so dass der trustee Erbe wird und die beneficiaries als Vermächtnisse nach Maßgabe des trust deed bzw. des Testaments Ansprüche gegen den trustee auf Auszahlung von Erträgen aus dem Trustgut erhalten.