Claudia Wagener-Neef, Frank-Michael Goebel
Rz. 221
Wer die frühere Rechtsprechung zu Inkassokosten verfolgte, konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Glaubenskrieg um die Berechtigung dieses Dienstleistungssektors geführt wird, nicht aber eine an den einschlägigen Rechtsgrundlagen und den hierzu entwickelten Rechtsprinzipien orientierte Rechtsprüfung stattfindet, inwieweit die Inkassokosten erstattungsfähig sind.
Hinweise von Amtsgerichten, in denen es heißt: "Inkassokosten sind nach ständiger Rechtsprechung des Amtsgerichts ... auch nach Inkrafttreten des RVG nicht erstattungsfähig", waren nicht selten. Dies wird häufig mit der Frage verbunden "Wird die Klage insoweit zurückgenommen?". Ein solcher Hinweis ist nicht nur rechtlich unhaltbar, sondern dürfte sogar am Rande der Willkür und damit der Besorgnis der Befangenheit liegen. Dass Inkassokosten, die im Tätigkeitsbereich des § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO anfallen und die der Höhe nach die Kosten eines sonst zu beauftragenden Rechtsanwaltes nicht übersteigen (§ 254 BGB, § 13e RDG), vom Schuldner zu erstatten sind, kann heute nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Inzwischen sollte nicht mehr ernsthaft in Abrede gestellt werden, dass Inkassokosten nach Maßgabe der einschlägigen Kostenerstattungsregelungen dem Grunde nach erstattungsfähig und der Höhe nach auf die vergleichbare Vergütung eines Rechtsanwalts begrenzt sind. Die Streitfälle sind heute nur noch dort zu suchen, wo neben dem Inkassodienstleister mit der gleichen Aufgabe auch noch ein Rechtsanwalt beauftragt wird oder wo sich die Frage stellt, ob die Einschaltung eines Rechtsdienstleisters – gleich ob Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen – überhaupt notwendig war. Die erste Frage beantwortet dabei § 13f RDG. Beauftragt der Gläubiger einer Forderung mit deren Einziehung sowohl einen Inkassodienstleister als auch einen Rechtsanwalt, so kann er nach dieser Vorschrift die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er nur einen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Dies gilt für alle außergerichtlichen und gerichtlichen Aufträge. Abweichendes gilt allerdings, wenn der Schuldner die Forderung erst nach der Beauftragung eines Inkassodienstleisters bestritten hat und das Bestreiten Anlass für die Beauftragung eines Rechtsanwalts gegeben hat.
Rz. 222
Hinweis
Ungeachtet dieser rechtlichen Einschätzung darf rein wirtschaftlich nicht übersehen werden, dass die Realisierung von Inkassokosten mit einem höheren Aufwand und einem rechtlichen Risiko verbunden ist.
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Zunächst ist immer wieder feststellbar, dass die Inkassokosten als Nebenforderung von den Rechtsanwälten nicht oder nicht hinreichend schlüssig begründet werden. Für Nebenforderungen gilt hinsichtlich der Schlüssigkeit die richterliche Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht, § 139 Abs. 2 ZPO. |
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Werden die Inkassokosten durch eine teilweise Klageabweisung bei Zuerkennung der Hauptforderung verweigert, steht regelmäßig kein Rechtsmittel zur Verfügung, weil die Berufungssumme nach § 511 ZPO von mehr als 600,00 EUR nicht erreicht wird. |
Der Rechtsanwalt muss diesem Risiko in der Praxis durch einen entsprechend vertiefenden Vortrag Rechnung tragen.
Die vorgenannten Problemlagen zeigen sich jedoch weitgehend in der vorgerichtlichen Forderungseinziehung und bei der Berücksichtigung der Inkassokosten im Rahmen einer streitigen Entscheidung sowie im gerichtlichen Mahnverfahren. Sind die Inkassokosten tituliert, ist die Frage von deren Berechtigung abschließend entschieden.