Claudia Wagener-Neef, Frank-Michael Goebel
Rz. 240
Die dargelegten Grundsätze sind nicht anders zu beurteilen, wenn das Inkasso durch ein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 AktG betrieben wird, sogenanntes Konzerninkasso. Die Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes hat in § 2 Abs. 3 Nr. 6 RDG eine Regelung mit sich gebracht, wonach der Einzug von Forderungen für ein verbundenes Unternehmen keine Rechtsdienstleistung darstellt und damit erlaubnisfrei ausgeführt werden darf. Der Anwendungsbereich und der Schutzzweck des RDG greifen hier nicht ein. Auffassungen, die das Konzerninkasso als Verstoß gegen das RBerG gesehen haben, sind damit vom Gesetzgeber selbst verworfen worden. Diese rein berufsrechtliche Frage kann auch nicht in dem Sinne auf das Konzerninkasso übertragen werden, dass hier grundsätzlich Inkassokosten nicht erstattungsfähig seien. Vielmehr ist zu unterscheiden, welche Eigenbemühungen zum Forderungseinzug einem Gläubiger aus Sicht der Verkehrsauffassung und des Schuldners abverlangt werden können. Die Kosten dieser Eigenbemühungen hat der Gläubiger selbst zu tragen, unabhängig davon, ob er sie selbst erbringt oder durch Dritte erbringen lässt. Soweit der Gläubiger die üblichen Eigenbemühungen erbracht hat, steht es ihm frei, ob er einen verbundenen Inkassodienstleister, einen fremden Inkassodienstleister oder einen Rechtsanwalt mit dem weiteren Forderungseinzug beauftragt. In jedem Fall hat der Schuldner die dadurch verursachten Inkassokosten dem Grunde nach zu tragen.
Zur Zulässigkeit des Konzerninkassos im Rahmen einer Musterfeststellungsklage angerufen, ist das OLG Hamburg der Frage ausgewichen und hat das Vergütungsmodell von Inkassodienstleistern in Gänze infrage gestellt. Hierüber wird nun der BGH zu befinden haben. Es ist kaum zu erwarten, dass die Entscheidung des OLG Hamburg mit dieser Begründung bestätigt wird. Spannend wird allerdings zu sehen sein, wie der BGH dann die Frage des Konzerninkassos entscheidet.
In der Zwangsvollstreckung entfaltet diese Frage in einer Abwandlung Relevanz. § 2 Abs. 2 RDG lässt die fiduziarische Abtretung einer Forderung vom Ursprungsgläubiger an den Inkassodienstleister zu. Vielfach werden deshalb Forderungen auf den Inkassodienstleister tituliert. Gleiches geschieht, wenn der Inkassodienstleister die einzuziehende Forderung gekauft und voll erworben hat. In beiden Fällen tritt der Inkassodienstleister in der Zwangsvollstreckung als Gläubiger und zugleich als Rechtsdienstleister auf. In der Rechtsprechung ist nun umstritten, ob der Inkassodienstleister seine Vergütung vom Schuldner ersetzt verlangen kann. Das LG Hildesheim und das LG Darmstadt nehmen dies als Beschwerdegerichte an, während es vereinzelt von Amtsgerichten in Abrede gestellt wird.
Den genannten Beschwerdegerichten ist zu folgen. Der unstreitige Umstand, dass die Gläubigerin selbst Inhaberin der beigetriebenen Forderung geworden ist, schließt den Erstattungsanspruch nach § 13e RDGEG nicht aus. Es ist nicht ersichtlich, dass von dem Begriff der "Vertretung" i.S.d. § 13e Abs. 2 RDG neben der Fremd- nicht auch die Eigenvertretung umfasst ist. Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine Beschränkung auf die Fremdvertretung schon nicht zu. Auch der Gesetzgeber hat von einer solchen Differenzierung abgesehen, obschon ihm ausweislich des § 2 Abs. 2 RDG beide Konstellationen bekannt waren. Schließlich ist mit dem am 1.10.2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht bezweckt worden, die teilweise noch immer vorhandene, aber nicht sachgerechte Ungleichbehandlung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten einerseits sowie Inkassodienstleistern andererseits abzuschaffen. Hiermit wäre es aber nicht zu vereinbaren, wenn der Gläubigerin als Inkassodienstleisterin die Geltendmachung der Verfahrensgebühr versagt würde, während der Rechtsanwalt diese nach § 788 i.V.m. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO ersetzt verlangen könnte. Dem Grundgedanken, dass der Inkassodienstleister nicht mehr erlangen kann als der Rechtsanwalt, ist so Rechnung getragen.