Rz. 375
Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich nach § 4 Abs. 1 MB/KK aus dem Tarif des Versicherers mit den entsprechenden Tarifbedingungen. In Tarifen und Tarifbedingungen beschreiben die Krankenversicherer wesentliche Teile ihrer Produkte. Sie unterliegen infolge der ständigen Änderung des Bedarfs in der medizinischen Versorgung sowie des Fortschritts in der medizinischen Entwicklung, ferner infolge des Wettbewerbs der privaten Krankenversicherer untereinander und zahlreicher anderer Umstände einem ständigen Wechsel. Für die Tarife bestehen Einschränkungen aufgrund der gesetzlichen Vorschriften des VVG sowie der §§ 305 ff. BGB. Ob die Tarifbedingungen wegen § 307 Abs. 3 BGB allerdings der Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterliegen, ist zweifelhaft; jedenfalls aber ist der Versicherungsnehmer über § 305c BGB geschützt.
Rz. 376
Nach der Rechtsprechung des BGH zur Inhaltskontrolle von Leistungsbeschreibungen gilt Folgendes:
Da das Gesetz den Vertragspartner grundsätzlich freistellt, Leistung und Gegenleistung im Vertrag frei zu bestimmen, unterliegen bloße Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz ebenso wenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt. Der gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen sind solche, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren. Damit verbleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnung, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann. Die Tarife enthalten nähere Bestimmungen darüber, in welchem Umfang ärztliche und nicht ärztliche Behandlungsmaßnahmen, Arzneien und Verbandmittel, Heil- und Hilfsmittel, Fahr- und Transportkosten, Entbindungs- und Hebammenkosten, bei Zahntarifen die zahnärztlichen Leistungen und die zahntechnischen Laborarbeiten und Materialien erstattungsfähig sind. In Tarifen kann geregelt werden, dass die vom behandelnden Arzt in Rechnung gestellten Kosten nur im Rahmen einer nach den Regeln der GOÄ/GOZ wirksamen Honorar- und Rechnungsstellung erstattungsfähig sind.
a) Einzelfälle
Rz. 377
In den Tarifbedingungen finden sich oftmals beschränkende Regelungen zum Umfang der Erstattung.
aa) Beschränkungen in Bezug auf GOÄ/GOZ
Rz. 378
Im Rahmen der Konkretisierung der Leistung des Versicherers finden sich in Tarifen häufig Ausschlüsse für die Leistungen, die nicht in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) aufgeführt sind. Dies ist nach §§ 305 ff. BGB nicht zu beanstanden. Ebenso wenig ist eine Klausel zu beanstanden, nach deren Inhalt nur Gebühren erstattungsfähig sind, die der GOÄ/GOZ entsprechen. Eine Vertragskonstruktion, nach der die erstattungsfähigen zahnärztlichen Sachkosten ihrer Art nach abschließend und ihrer Höhe nach begrenzt in einer Art Anhang zu dem jeweils gewählten Tarif aufgelistet werden (sog. Sachkostenliste), begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Eine solche Vereinbarung ist weder überraschend (§ 305c Abs. 1 Nr. 1 BGB) noch weicht sie von wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 BGB); Regelungen aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, wie etwa die frühere BEL-Liste, können wegen der Andersartigkeit und ihrer anderen Leistungsvoraussetzungen nicht herangezogen werden. Durch die Sachkostenliste wird schließlich der Vertrag auch nicht ausgehöhlt, so dass auch keine Vertragszweckgefährdung vorliegt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Der BGH hat zudem auch dann das Vorliegen einer überraschenden Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB verneint, wenn der Versicherer darin regelt, dass die Kostenerstattung bis zu den Höchstsätzen der jeweils gültigen amtlichen ärztlichen Gebührenordnungen sowie den Verordnungen über Krankenhauspflegesätze begrenzt ist und gleichzeitig in einer Zusammenfassung eine Erstattung zu 100 % im Hinblick auf ambulante Heilbehandlungen beschreibt.
Rz. 379
Das OLG Düsseldorf hat bestätigt, dass eine abweichende Vereinbarung nach § 2 GOZ der Erstattungspflicht unterliegt, wenn der Tarif lediglich die Erstattungsfähigkeit nach den gesetzlichen Vorschriften vorsieht. Die Notwendigkeit der Aufwendungen kann nicht deshalb verneint werden, weil der Versicherungsnehmer mit dem behandelnden Zahnarzt Gebührenvereinbarungen getroffen hat, nach denen Gebühren zu zahlen sind, die den in der GOZ festgelegten Rahmen überschreiten. Grundsätzlich kann sich der Versicherer bei einer Behandlung des Versicherten nicht darauf verlassen, er werde nur ein gem. der Gebührenordnung berechnetes Honorar erstatten müssen. In schwierigen Fällen kann durchaus die Erstattung eines Honorars aufg...