Rz. 456
Nach § 4 Abs. 5 MB/KK 94 erbringt der Versicherer nur Leistungen für stationäre Heilbehandlungen in Krankenanstalten, die auch Kuren und Sanatoriumsbehandlungen durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, wenn er dies vor Behandlungsbeginn schriftlich zugesagt hat.
Rz. 457
Dieser Leistungsausschluss stellt nach überwiegender Auffassung eine nicht zu beanstandende Risikobegrenzung dar, die den Versicherer davor schützen soll, wegen einer als Krankenhausbehandlung bezeichneten Kur- oder Reha-Maßnahme in Anspruch genommen zu werden, für die nach § 5 Abs. 1 d MB/KK 94 Versicherungsschutz nicht besteht. Diese Klausel ist weder überraschend noch stellt sie eine unangemessene Benachteiligung dar und ist somit wirksam. Die vorherige Zustimmung soll die nachträglich schwierige Prüfung der Behandlung in einer gemischten Anstalt und deren Notwendigkeit vermeiden.
Rz. 458
Für Krankenanstalten, die grundsätzlich den Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 MB/KK entsprechen, die aber auch "Kur- bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen", hat sich der Begriff "gemischte Anstalt" durchgesetzt. Die ursprüngliche Trennung zwischen Krankenhäusern und Sanatorien besteht inzwischen nicht mehr. Insbesondere private Kliniken führen oft sowohl klinische Behandlungen als auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen durch. Die gemischten Anstalten grenzen sich also einerseits von den Krankenhäusern ab, in denen lediglich Akutbehandlungen durchgeführt werden – beide fallen unter den Oberbegriff "Krankenanstalten" – und andererseits von den Sanatorien, Kurkrankenhäusern und dergleichen, in denen lediglich Kurbehandlungen durchgeführt werden.
Zum anderen ist eine gemischte Anstalt dann gegeben, wenn Rekonvaleszenten aufgenommen werden. Die Rekonvaleszenz ist die Zeit der Genesung; sie schließt sich in der Regel an die aktuelle Erkrankung und deren Behandlung an.
Rz. 459
Rekonvaleszenten sind somit solche Patienten, deren akute Krankheit im Wesentlichen geheilt ist, die aber die Folgen der Krankheit in ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand noch überwinden müssen.
aa) Vorliegen einer gemischten Anstalt
Rz. 460
Das Vorliegen einer gemischten Anstalt kann von Außenstehenden und somit auch von den potenziellen Patienten nicht ohne weiteres erkannt werden. Bereits der Umstand, dass innerhalb eines Gebäudekomplexes sowohl eine Krankenhausbehandlung als auch Kuren- und Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt sowie Rekonvaleszenten aufgenommen werden, führt zum Vorliegen einer gemischten Anstalt und zu einer möglichen Leistungsverweigerung nach § 4 Abs. 5 MB/KK, was den Patienten u.U. überraschend treffen kann. Selbst eine Hinweispflicht der Klinik auf eine zuvor vorgenommene Qualifizierung als gemischte Anstalt kann hier keine sachgerechte Abhilfe schaffen. Daher erscheint es für den Versicherungsnehmer wichtig, bereits vor Antritt eines stationären Aufenthalts im Zweifelsfall eine Klärung zu der Frage, ob eine gemischte Anstalt vorliegt, herbeizuführen. Anderenfalls läuft er Gefahr, dass die Leistung mangels vorheriger Zustimmung verweigert wird und zwar unabhängig davon, dass eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung erforderlich ist.
Rz. 461
Ob es sich um eine gemischte Anstalt handelt, ist letztendlich eine Rechtsfrage. Hierfür ist in freier Beurteilung durch das Gericht das äußere Erscheinungsbild nach der Selbstdarstellung maßgeblich.
Anknüpfungstatsachen können sich daher auch aus dem Internetauftritt der Klinik oder den verwendeten Prospekten bzw. Broschüren ergeben.
Rz. 462
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer gemischten Anstalt trägt der Versicherer. Wenn sich allerdings schon aus ohne weiteres öffentlich zugänglichen Quellen (Internetauftritt der Klinik/Werbung) eindeutig das objektive Leistungsangebot einer gemischten Anstalt ergibt, muss der Versicherungsnehmer das Bestehen einer gemischten Anstalt substantiiert bestreiten.
Nach Ansicht des OLG Hamm können Kliniken, die ihre Patienten nach dem alternativen Konzept der Traditionellen Chinesischen Medizin behandeln, in denen zur Behandlung akuter Erkrankung auch solche Therapieformen zur Anwendung gelangen, die sich bei isolierter Betrachtung als Maßnahme zur Rehabilitation darstellen, nur dann nicht als gemischte Anstalten angesehen werden, wenn die besondere Art der Therapieform ausschließlich dem Zweck der Behandlung der akuten Erkrankung dient und nicht auch der Rehabilitation oder der Hilfe zur Selbsthilfe. Hierzu muss der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast substantiiert vortragen.
Rz. 463
Auch nach Auffassung des OLG Karlsruhe kann sich der Versicherer zum Nachweis der Heilbehandlung in einer gemischten Anstalt i.S.v. § 4 Abs. 5 MB/KK 94 auf Prospekte und den Internet-Auftritt einer Klinik beziehen. Der Versicherte kann den Gegenbeweis durch das Zeugnis des ärztlichen Direktors der Klinik führe...