Leitsatz (amtlich)
Zum - dem Versicherer obliegenden - Nachweis der Unterbringung in einer "gemischten Anstalt".
Normenkette
MB/KK § 4 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 26.08.2005; Aktenzeichen 8 O 87/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mannheim vom 26.8.2005 - 8 O 87/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.783,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 9.702 EUR seit dem 10.1.2005, aus 2.310 EUR seit dem 20.1.2005, aus 1.995,82,82 EUR seit dem 17.2.2005 und aus 14.775,62 EUR seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die minderjährige Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Kosten einer stationären Heilbehandlung in Anspruch. Die Beklagte stellt die medizinische Notwendigkeit in Abrede und hält sich für leistungsfrei, weil die Klägerin ohne Genehmigung in einer "gemischten Anstalt" untergebracht gewesen sei.
Zwischen dem Vater der Klägerin und der Beklagten besteht ein Krankenversicherungsvertrag; versicherte Person ist die Klägerin. Diese wurde in der Zeit vom 9.11.2004 bis zum 28.2.2005 in der K.-Klinik, Psychotherapeutisches Zentrum Bad-M, stationär behandelt. Auf Veranlassung der Erziehungsberechtigten hatte die Klinik vorab eine Kostenübernahme beantragt, die von der Beklagten mit der Begründung abgelehnt wurde, dass es sich bei der K.-Klinik um eine sog. "gemischte Anstalt" handle, in der neben medizinisch notwendigen klinischen Heilbehandlungen auch Kuren durchgeführt und Rekonvaleszente aufgenommen würden. Bei solchen Häusern bestehe nach § 4 Abs. 5 MB/KK nur dann ein Anspruch auf tarifliche Leistungen, wenn der Versicherer dies vor Behandlungsbeginn schriftlich zusage; eine solche Zusage werde für die K.-Klinik nicht erteilt. Auch sei die medizinische Indikation für eine stationäre Psychotherapie nicht gegeben und die Klägerin stattdessen auf eine ambulante Therapie verwiesen.
Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung betrugen für die Dauer des stationären Aufenthalts 25.410 EUR, die Behandlungskosten nach GOÄ 4.397,68 EUR; von letzteren erstattete die Beklagte 1.024,24 EUR als Aufwendungen im Rahmen einer Kurbehandlung.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG die Klage auf Erstattung des Differenzbetrages i.H.v. 28.783,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz, und zwar aus 9.702 EUR seit dem 10.1.2005, aus 2.310 EUR seit dem 20.1.2005, aus 1.995,82 EUR seit dem 17.2.2005 und aus 14.775,62 EUR seit Rechtshängigkeit, abgewiesen.
Die Beklagte sei gem. § 4 Abs. 5 MB/KK leistungsfrei, da es sich bei der K.-Klinik um eine "gemischte Anstalt" handle; es könne deshalb offen bleiben, ob eine stationäre Behandlung medizinisch notwendig gewesen sei oder nicht. Aus Prospekt und Internetauftritt der Klinik sei ersichtlich, dass die Einrichtung nach ihrer tatsächlichen Ausgestaltung und ihrem objektiven Leistungsangebot Behandlungen durchführe, die zumindest teilweise unter den Begriff der Kur- und Sanatoriumsbehandlung fielen. Insbesondere würden Sport, Entspannungstraining, autogenes Training, therapeutisches Reiten und Ernährungsberatung angeboten, die auf die Förderung des physischen und psychischen Allgemeinzustands gerichtet seien, wie dies für Kur- und Sanatoriumsaufenthalte typisch sei. Im Übrigen handele es sich auch deshalb um eine "gemischte Anstalt", weil die Klinik Rehabilitationsmaßnahmen durchführe und Rekonvaleszente aufnehme. Auch dies folgert das LG aus dem Internetauftritt, wo auf das Bestehen eines einen Versorgungsvertrags mit den gesetzlichen Krankenversicherern nach § 111 SGB V hingewiesen wird. Ein solcher Vertrag werde nur mit Einrichtungen abgeschlossen, die zumindest auch der stationären Behandlung zu Rehabilitationszwecken dienten.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Sie beanstandet, dass das LG seine Entscheidung nur auf Prospekt und Internetauftritt der K.-Klinik gestützt, die von der Klägerin angebotenen Beweise aber nicht erhoben habe. Die Klägerin habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass es sich bei sämtlichen Therapieangeboten um anerkannte Behandlungsformen der psychosomatischen bzw. psychotherapeutischen Medizin handle, die als integrierter Bestandteil einer stationären Heilbehandlung zur Anwendung kämen. Andere Behandlungen würden in der K.-Klinik nicht durchgeführt, was die Annahme einer "gemischten Anstalt" i.S.v. § 4 Abs. 5 MB/KK ausschließe. Im Übrigen sei die stationäre Behandlung bei Art und Schwere der Erkrankung...