Rz. 435
Das Vorliegen einer gemischten Anstalt kann von Außenstehenden und somit auch von den potenziellen Patienten nicht ohne weiteres erkannt werden. Bereits der Umstand, dass innerhalb eines Gebäudekomplexes sowohl eine Krankenhausbehandlung als auch Kuren- und Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt sowie Rekonvaleszenten aufgenommen werden, führt zum Vorliegen einer gemischten Anstalt und zu einer möglichen Leistungsverweigerung nach § 4 Abs. 5 MB/KK, was den Patienten u.U. überraschend treffen kann. Selbst eine Hinweispflicht der Klinik auf eine zuvor vorgenommene Qualifizierung als gemischte Anstalt kann hier keine sachgerechte Abhilfe schaffen. Daher erscheint es für den Versicherungsnehmer wichtig, bereits vor Antritt eines stationären Aufenthalts im Zweifelsfall eine Klärung zu der Frage, ob eine gemischte Anstalt vorliegt, herbeizuführen. Anderenfalls läuft er Gefahr, dass die Leistung mangels vorheriger Zustimmung verweigert wird und zwar unabhängig davon, dass eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung erforderlich ist.
Rz. 436
Ob es sich um eine gemischte Anstalt handelt, ist letztendlich eine Rechtsfrage. Hierfür ist in freier Beurteilung durch das Gericht das äußere Erscheinungsbild nach der Selbstdarstellung maßgeblich.
Anknüpfungstatsachen können sich daher auch aus dem Internetauftritt der Klinik oder den verwendeten Prospekten bzw. Broschüren ergeben.
Rz. 437
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer gemischten Anstalt trägt der Versicherer. Wenn sich allerdings schon aus ohne weiteres öffentlich zugänglichen Quellen (Internetauftritt der Klinik/Werbung) eindeutig das objektive Leistungsangebot einer gemischten Anstalt ergibt, muss der Versicherungsnehmer das Bestehen einer gemischten Anstalt substantiiert bestreiten.
Nach Ansicht des OLG Hamm können Kliniken, die ihre Patienten nach dem alternativen Konzept der Traditionellen Chinesischen Medizin behandeln, in denen zur Behandlung akuter Erkrankung auch solche Therapieformen zur Anwendung gelangen, die sich bei isolierter Betrachtung als Maßnahme zur Rehabilitation darstellen, nur dann nicht als gemischte Anstalten angesehen werden, wenn die besondere Art der Therapieform ausschließlich dem Zweck der Behandlung der akuten Erkrankung dient und nicht auch der Rehabilitation oder der Hilfe zur Selbsthilfe. Hierzu muss der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast substantiiert vortragen.
Rz. 438
Auch nach Auffassung des OLG Karlsruhe kann sich der Versicherer zum Nachweis der Heilbehandlung in einer gemischten Anstalt i.S.v. § 4 Abs. 5 MB/KK 94 auf Prospekte und den Internet-Auftritt einer Klinik beziehen. Der Versicherte kann den Gegenbeweis durch das Zeugnis des ärztlichen Direktors der Klinik führen. Wenn auch das Leistungsangebot der Klinik, wie es sich aus dem Internet-Auftritt und aus Werbeprospekten ergibt, erhebliche Bedeutung für die Beweisführung des Versicherers hat, so bleibt dem Versicherungsnehmer jedoch die Möglichkeit des Gegenbeweises. Das Gericht hielt es nach Vernehmung des Klinikdirektors für bewiesen, dass in der Klinik keine Kur- oder Sanatoriumsbehandlung durchgeführt oder Rekonvaleszenten aufgenommen wurden. Allein das Angebot von Rehabilitationsmaßnahmen oder Anschlussheilbehandlungen erfülle den Ausschlusstatbestand nicht, da nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 5 MB/KK 94 die tatsächliche Aufnahme von Rekonvaleszenten erforderlich sei.
Rz. 439
Zunächst ist die räumliche Situation zu betrachten:
Häuser oder Abteilungen, die miteinander verbunden sind und räumlich einen in sich geschlossenen Komplex bilden, stellen dann eine einheitliche Anstalt dar, wenn eine räumliche Verbindung mit wechselseitiger Zurverfügungstellung der therapeutischen Einrichtungen und eine zum Verwechseln ähnliche Firmierung vorliegen. Insbesondere wird dann eine einheitliche – gemischte – Krankenanstalt angenommen, wenn die Häuser verwaltungstechnisch, medizinisch und personell miteinander verbunden sind und sich hierdurch auch nach außen als zusammenhängender Komplex darstellen. Besteht durch diese Verzahnung die Gefahr, dass Kalkulation und Berechnung der Kosten der Kur, des Sanatoriums oder der Rekonvaleszenz in diejenigen des Klinikaufenthaltes eingehen, ist eine ausreichende Trennung nicht gegeben. Auch dann, wenn Patienten Leistungen der anderen Anstalt relativ mühelos in Anspruch nehmen können, fehlt eine Trennung mit der jeweiligen Folge, dass eine gemischte Anstalt vorliegt.
Rz. 440
In zwei grundlegenden Entscheidungen hat der BGH die Abgrenzung der Krankenhaus- von der Kur- oder Sanatoriumsbehandlung vorgenommen. Der BGH hat in beiden Entscheidungen eine deutliche Differenzierung zwischen Krankenhaus einerseits und Sanatorien sowie medizinischen Rehabilitationszentren anderseits vorgenommen und darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich auf das Gesamtbild der Einrichtung und der angebotenen Behandlungen ankommt; eine scharfe Abgrenzung sei nicht in je...