Rz. 456
§ 4 Abs. 5 MB/KK sieht die Möglichkeit einer Leistungszusage durch den Versicherer vor Beginn der Behandlung vor; diese ist schriftlich zu erteilen.
Nach ganz herrschender Rechtsprechung steht diese Zusage im freien Ermessen des Versicherers.
Das Ermessen des Versicherers ist dann eingeschränkt, wenn der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen eine Selbstbindung eingegangen ist, also den Anspruch auf Zusage von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann der Versicherungsnehmer – statt auf Erteilung der Zusage zu klagen – die Leistung in Anspruch nehmen und im Anschluss hieran eine Kostenerstattung geltend machen.
Rz. 457
Eine Befristung der Zusage ist unwirksam, wenn der Krankenversicherer seine schriftliche Zusage erteilt hat.
Problematisch kann hier die Frage sein, in welchem Umfang der Versicherer sein Ermessen ausüben kann.
Es liegt Ermessensmissbrauch vor bei Adipositas eines Kindes, das in einer "Kinderkurklinik" behandelt werden musste, wenn der Versicherer durch pflichtwidrige Verneinung einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung es von vornherein unmöglich macht, die Zustimmung für die spätere Unterbringung in einer gemischten Anstalt einzuholen.
Rz. 458
Demgegenüber besteht keine Leistungspflicht des Versicherers – ohne vorherige schriftliche Zusage – aufgrund eines Vertrauenstatbestandes, wenn der Versicherer in der Vergangenheit Leistungen für Behandlungen in den betreffenden Anstalten erbracht hat. Der Versicherer ist vielmehr berechtigt, für jeden Aufenthalt die Erteilung und den Umfang seiner Leistungszusage neu zu prüfen.
Rz. 459
Ausnahmen von der Regelung des § 4 Abs. 5 MB/KK können dann bejaht werden, wenn der Versicherer einen bestimmten Vertrauenstatbestand geschaffen hat, der es ihm auf der Grundlage von Treu und Glauben verbietet, sich auf das Fehlen einer vorherigen schriftlichen Zusage zu berufen. Dies wird etwa dann bejaht, wenn der Versicherer ausdrücklich auf eine vorherige Klärung der medizinischen Notwendigkeit verzichtet hat oder wenn es der Versicherer trotz rechtzeitigen Leistungsantrags des Versicherungsnehmers unterlässt, den Antrag rechtzeitig zu prüfen und dergleichen mehr. Der Versicherer kann sich auch nicht nach Treu und Glauben auf das Fehlen der vorherigen schriftlichen Leistungszusage bei Behandlung in einer sog. gemischten Anstalt im Nachhinein berufen, wenn er die Kostenerstattung zuvor allein von der medizinischen Notwendigkeit abhängig gemacht hat. Nach dieser Entscheidung gilt weiter: Hat der einweisende Arzt eine medizinisch unnötige Behandlung veranlasst, kann der Versicherungsnehmer den Arzt bei Verschulden wegen der vom Versicherer nicht zu tragenden Kosten in Rückgriff nehmen.
Rz. 460
Sagt der Krankenversicherer zu, die Erstattungsfähigkeit eines Aufenthalts in einer gemischten Anstalt als akut-stationäre Behandlung nach Vorlage des Entlassungsberichts erneut zu prüfen, so zieht eine fehlende und auch im Rechtsstreit nicht nachgeholte inhaltliche Auseinandersetzung mit dessen Inhalt die Leistungspflicht des Versicherers nach sich. Die Zusage einer nachträglichen Prüfung bei Behandlung in einer gemischten Klinik enthält jedoch keinen vollständigen Verzicht auf Ermessensspielraum. Ein solcher Verzicht ist lediglich dahingehend beschränkt, dass er die in Aussicht gestellten Versicherungsleistungen nur bei vernünftigen Zweifeln an der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung verweigern kann.
Rz. 461
Die Frage der ersparten Kosten für anderweitige medizinische Heilbehandlung ist in diesem Zusammenhang unerheblich: Sind die Voraussetzungen für Leistungen für Behandlung in einer sog. gemischten Anstalt nicht gegeben, besteht auch keine Leistungspflicht unter dem Gesichtspunkt ersparter Kosten für anderweitige medizinische Heilbehandlung. Der Leistungsausschluss des § 4 Abs. 5 MB/KK soll gerade Streitigkeiten darüber vermeiden, ob die Behandlung Heil- und Kurzwecken gedient hat. Eine Prüfung und Abrechnung fiktiver Kosten durch den Versicherer läuft diesem Sinn und Zweck zuwider.
Rz. 462
In Fällen, in denen – wegen der medizinisch begründeten Eilbedürftigkeit – eine sofortige Behandlung erforderlich ist und der Versicherungsnehmer deshalb weder die Wahl zwischen mehreren Krankenhäusern noch die Möglichkeit hat, eine Leistungszusage einzuholen, kann sich der Versicherer nicht auf den grundsätzlichen Leistungsausschluss nach § 4 Abs. 5 MB/KK berufen bzw. es liegt ein Ermessensmissgebrauch vor.