Rz. 448
Die Frage, ob eine gemischte Anstalt vorliegt, führt zu vielen Abgrenzungsproblemen. Da die Verweildauer in Kliniken zunehmend kürzer wird und sich häufig eine Verlegung in eine andere Klinik anschließt, treten weitere Fragen auf. Dieses Vorgehen findet sich insbesondere bei größeren und spezialisierten Universitätskliniken, die kurz nachdem die besondere Qualifikation der Klinik nicht mehr benötigt wird, die Patienten in andere Kliniken verlegen.
Rz. 449
Trotz einer Verlegung kann weiterhin eine medizinisch notwendige Krankenhausbehandlung vorliegen und der Versicherungsschutz deshalb nicht unter Hinweis auf § 4 Abs. 5 MB/KK versagt werden.
Rz. 450
Auch die Tatsache, dass die Klinik chronisch Kranke aufnimmt, rechtfertigt nicht zwingend die Annahme einer gemischten Anstalt, wie der BGH in zwei Grundsatzentscheidungen klargestellt hat. Ebenso wenig sind Argumente, wie klimatisch günstige Lage und ruhige Umgebung geeignet, wirksame Abgrenzungskriterien darzustellen, da inzwischen auch Krankenhäuser sich um eine entsprechende Lage bemühen.
Indem ein Krankenhaus Rehabilitationsmaßnahmen für gesetzliche Rentenversicherungsträger durchführt, nimmt es Rekonvaleszenten auf i.S.d. § 4 Abs. 5 MB/KK.
Rz. 451
Besonders problematisch sind die Abgrenzungen bei Krankenanstalten mit besonderen Therapieansätzen, die – trotz Wegfalls der Wissenschaftlichkeitsklausel (§ 5 Abs. 1 f. MB/KK 76) – häufig als Sanatorium schon allein deshalb angesehen werden, weil sie von der Schulmedizin und deren konservativen Behandlung abweichend neue, andersartige Wege zur Behandlung von Erkrankungen einschlagen.
Rz. 452
Die Abgrenzung von Krankenhausbehandlung herkömmlicher Art und Kur- oder Sanatoriumsbehandlung und damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten gerade in Fällen psychosomatischer Behandlungen wurden in einer Entscheidung des OLG Hamm, die primär in anderem Zusammenhang erging, erörtert. Bei der Behandlung, die dem Kläger aufgrund schwerer und komplexer psychosomatischer Erkrankung, die ohne Behandlung zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen könnte, zuteilwurde, handelte es sich um verhaltenstherapeutische Einzelgespräche, ein verhaltenstherapeutisches Selbstkontrollprogramm zur Selbststeuerung des Essverhaltens, Muskelentspannung nach Jacobsen, Teilnahme an der Problemlösungsgruppe und an verschiedenen physio-, ergo- und sporttherapeutischen Maßnahmen, Teilnahme am Selbstsicherheitstraining und eine soziotherapeutische Beratung bezüglich der beruflichen Zukunftsperspektiven. Diese Behandlungsmethoden waren, wie das OLG Hamm sachverständig beraten feststellte, für die Behandlung der vorhandenen psychosomatischen Erkrankungen nach dem Stand der Wissenschaft anerkannt und stellten übliche Behandlungsmethoden dar. Die Heranführung an die berufliche Leistungsfähigkeit war zwar auch Ziel, gleichzeitig aber auch Behandlungsmittel. Vergleichsmaßstab einer psychosomatischen Klinik kann in diesem Fall nicht das normale Krankenhaus sein, das regelmäßig zur Behandlung akuter psychischer Erkrankungen aufgesucht wird und in dem der Patient in der Regel bettlägerig ist, sondern eher ein Landeskrankenhaus. Das OLG Hamm hat deshalb die Auffassung der Vorinstanz, eine Sanatoriumsbehandlung liege vor, abgelehnt.
Rz. 453
Sollte tatsächlich eine gemischte Anstalt mit der Folge von Leistungsfreiheit vorliegen, kann ein Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen das Krankenhaus im Raum stehen. Wenn das Krankenhaus Anhaltspunkte dafür hat, dass der private Krankenversicherer die Behandlungskosten nicht übernehmen wird, besteht eine zum Schadensersatz führende wirtschaftliche Aufklärungspflicht der Behandlungsseite.