Rz. 298
Die Gerichte wurden in vergangener Zeit häufiger mit der Frage der Kostenerstattung für Lasik-Behandlungen beschäftigt. Hierbei handelt es sich um eine operative Behandlung bei Fehlsichtigkeit, die lasergesteuert ist. Dass die die Lasik-Operation eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode darstellte, wurde zwar grundsätzlich bejaht. Streitig war aber bislang, ob der Fehlsichtige auf das Tragen einer Brille verwiesen werden konnte.
Rz. 299
Inzwischen hat der BGH ausdrücklich bestätigt, dass die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-Operation an den Augen nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden kann.
Zudem kann eine Krankheit auch dann vorliegen, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten in gleicher Weise bei 30–40 % der Menschen entsprechenden Alters auftritt: Konkret wurde dies für einem Fall einer Fehlsichtigkeit von -3 und -2,75 Dioptrien bestätigt. Es kommt insoweit auch nicht darauf an, dass in Fachkreisen von einer pathologischen Myopie nach internationalem medizinischen Standard erst ab -6 Dioptrien gesprochen werde.
Rz. 300
Maßgebend ist insoweit der Wortlaut der Bedingung, wobei für diesen der Sprachgebrauch des täglichen Lebens und nicht etwa eine Terminologie maßgebend ist, wie sie in bestimmten Fachkreisen verwendet wird. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer geht davon aus, dass zum Normalzustand der Sehfähigkeit ein beschwerdefreies Lesen und gefahrenfreie Teilnahme am Straßenverkehr gehört. Er wird daher eine bedingungsgemäße Krankheit annehmen, wenn bei ihm eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliegt, die ohne Korrektur ein beschwerdefreies Sehen nicht ermöglicht.
Rz. 301
Die medizinische Notwendigkeit der Lasik-Operation kann nicht bereits mit dem Hinweis auf die Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von Kontaktlinsen verneint werden. Denn das Tragen einer Sehhilfe stellt in Bezug auf die Fehlsichtigkeit keine Heilbehandlung dar. Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekt über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden, stellen dessen Funktionsfähigkeit nicht wieder her.
Insbesondere kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer aus den Versicherungsbedingungen nicht entnehmen, dass die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängen soll, ob er gegebenenfalls dauerhaft auf ein Hilfsmittel zurückgreifen kann, das den bei ihm bestehenden anormalen Körperzustand auszugleichen oder abzuschwächen geeignet ist, ohne am eigentlichen Leiden etwas zu ändern. Der BGH hat ausdrücklich eine generelle Subsidiarität der Heilbehandlung gegenüber dem Hilfsmittel abgelehnt, da die Versicherungsbedingungen hierzu, genauso wie zur Berücksichtigung finanzieller Aspekte bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Heilbehandlung, nichts hergeben.
Nochmals hebt der BGH hervor, dass ein Versicherer seine Leistungspflicht nicht auf die kostengünstigste Behandlungsmethode beschränken oder den Versicherungsnehmer darauf verweisen kann, sich auf Dauer eines Hilfsmittels zu bedienen, obwohl eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die das zugrunde liegende Leiden zu heilen, zu bessern oder wenigstens zu lindern geeignet ist.
Rz. 302
Auch ein refraktiver Linsentausch bei nur geringgradiger Fehlsichtigkeit stellt eine medizinisch notwendige Heilbehandlung i.S.v. § 1 Abs. 2 MB/KK dar.