1. Bedeutung des Nettoeinkommens für das Krankentagegeld (§ 4 Abs. 2 MB/KT)
Rz. 697
Gemäß § 4 Abs. 2 MB/KT darf das Krankentagegeld – zusammen mit sonstigen Krankentagegeldern oder Krankengeldern – das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen der versicherten Person nicht übersteigen. Dabei ist für die Berechnung des Nettoeinkommens maßgeblich der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht. Das Nettoeinkommen wird in § 4 Abs. 2 MB/KT nicht näher definiert.
Rz. 698
Bis zum Zeitpunkt einer grundsätzlich nach § 4 Abs. 4 MB/KT möglichen Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt. Dies ergibt sich daraus, dass die Krankentagegeldversicherung eine Summenversicherung ist und damit eine automatische Herabsetzung oder Angleichung an das nach § 4 Abs. 2 MB/KT "versicherbare" Krankentagegeld ausscheidet. Auch ist eine Überversicherung grundsätzlich sowohl von Beginn an (Praxisbeispiel: Existenzgründer) als auch nachträglich möglich.
§ 4 Abs. 2 MB/KT wird daher ganz überwiegend als unverbindlicher Programmsatz angesehen und dient nicht zuletzt der Begrenzung des subjektiven Risikos, beschränkt indes die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht auf den tatsächlichen Einkommensverlust.
Rz. 699
Nach Auffassung des BGH machen die in § 4 Abs. 2–4 MB/KT, Stand bis einschließlich 07/2013, enthaltenen Regelungen auch dem Versicherungsnehmer deutlich, dass sich der versprochene Versicherungsschutz nicht unmittelbar an seinem tatsächlichen Einkommensverlust orientiert, sondern er eine pauschalierte Entschädigung entsprechend seinem versicherten Krankentagegeld erhält und die Versicherungsleistung höher oder auch niedriger sein kann, als sein tatsächlicher Durchschnittsverdienst. Zudem ist der in § 4 Abs. 2 MB/KT genannte Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für die Berechnung des Einkommens vom BGH als ungeeignete Grundlage für ein Herabsetzungsverlangen nach § 4 Abs. 4 MB/KT angesehen worden, wobei der BGH die in der Rechtsprechung geäußerten Bedenken gegen die Transparenz des § 4 Abs. 2 MB/KT nur anführt, aber offen lässt, ob er § 4 Abs. 2 MB/KT selbst für unwirksam hält. Dies mag daran liegen, dass § 4 Abs. 2 MB/KT den Versicherungsnehmer als unverbindlicher Programmsatz selbst nicht benachteiligt.
Rz. 700
Aus dem Umstand, dass es sich bei der Krankentagegeldversicherung um eine Summenversicherung und nicht um eine gemischte Summen- und Schadensversicherung handelt, ist zu schließen, dass das Verletztengeld, das der Versicherungsnehmer von der Berufsgenossenschaft erhält, nicht auf das Krankentagegeld angerechnet wird.
Rz. 701
Aus § 4 Abs. 2 MB/KT ist nicht zu entnehmen, dass sich das Krankentagegeld vermindert oder wegfällt, wenn trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit der Arbeitgeber seine Lohnzahlungen fortsetzt. Lediglich dann, wenn die Lohn- bzw. Gehaltsfortzahlungen länger andauern als beide Vertragsparteien angenommen haben, wird man eine Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage in Betracht ziehen müssen.
2. Anzeigepflicht (§ 4 Abs. 3 MB/KT)
Rz. 702
Der Versicherungsnehmer hat gem. § 4 Abs. 3 MB/KT dem Versicherer unverzüglich eine nicht nur vorübergehende Minderung des Nettoeinkommens anzuzeigen, damit der Versicherer in die Lage versetzt wird, eine Anpassung vorzunehmen. Diese Obliegenheit ist jedoch sanktionslos. Der Versicherte ist trotz Verletzung der Anzeigepflicht auch nach Treu und Glauben nicht gehindert, sich darauf zu berufen, dass der Versicherer das Krankentagegeld nur mit Wirkung für die Zukunft herabsetzen kann, wenn er dem Versicherer von sich aus keine Anzeige macht. Die Verletzung der Obliegenheit des Versicherungsnehmers begründet, insoweit im Gegensatz zu einer Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht, auch keine allgemeinen Schadensersatzansprüche. Es steht dem Versicherer in den Grenzen des § 28 VVG grundsätzlich frei, an die Verletzung von Obliegenheiten Nachteile zu Lasten des Versicherungsnehmers zu knüpfen. Unterlässt er dies, bleibt die Verletzung der Obliegenheit grundsätzlich sanktionslos.
Unabhängig davon wird dem Versicherungsnehmer auch in § 4 Abs. 3 MB/KT weder verdeutlicht, von welcher Dauer eine Einkommensminderung sein muss, um seine Anzeigepflicht auszulösen, noch welcher in der Vergangenheit liegende Beobachtungszeitraum...