Rz. 96
Der Hoferbe muss nach § 6 Abs. 6 HöfeO wirtschaftsfähig sein. Das ist nach § 6 Abs. 7 HöfeO der Fall, wenn der Erbe "nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit geeignet ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbstständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften". Das OLG Hamm sieht einen Erbanwärter als wirtschaftsfähig an,
Zitat
"wenn er nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und nach seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den zu übernehmenden Hof ordnungsgemäß selbst zu bewirtschaften, und zwar so, dass keine größeren Ausfälle bei den Erträgen des Hofes eintreten als diejenigen, die auch bei der Wirtschaftsführung eines anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft gewachsenen Landwirts eintreten würden".
Das OLG Oldenburg hat die Wirtschaftsfähigkeit eines Hoferben als nicht gegeben angesehen und dazu Folgendes in seiner Beschlussbegründung dargestellt:
Zitat
"An die Wirtschaftsfähigkeit i.S.d. § 6 Abs. 7 HöfeO ist unter Berücksichtigung des Zwecks des Landwirtschaftserbrechts der HöfeO ein strenger, objektiver Maßstab anzulegen, wobei die Anforderungen von der Art, der Größe und der in Betracht kommenden Bewirtschaftung des Hofes abhängen. Ein Grundtatbestand landwirtschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten ist allerdings stets erforderlich; der Standard dieser Kenntnisse und Fähigkeiten muss den aktuellen, heutigen Anforderungen und selbstständigen landwirtschaftlichen Betriebsführung entsprechen. (…) Ihm fehlen und fehlten aber im Zeitpunkt des Erbfalls die erforderlichen Kenntnisse, berufsbezogenen Fähigkeiten und Erfahrungen, um einen Hof unter den heutigen Bedingungen der Landwirtschaft führen zu können. (…) Fragen zur Düngung und zum Pflanzenschutz beim Maisanbau wurden vom Beteiligten zu 2 ebenfalls nur unzureichend oder nicht richtig beantwortet."
Die Wirtschaftsfähigkeit knüpft allein an die objektive Eignung des Hoferben, nicht jedoch an die subjektive Bewirtschaftbarkeit des jeweiligen Hofes.
Rz. 97
Die Wirtschaftsfähigkeit muss im Zeitpunkt des Erbfalles vorliegen. Ist sie zu diesem Zeitpunkt bei einem vormals als Hoferbe in Betracht kommenden Erben entfallen, weil er z.B. aufgrund Krankheit zwischenzeitlich unter Betreuung steht oder körperlich nicht mehr in der Lage ist, den Hof zu bewirtschaften, tritt an seine Stelle der nächste als Hoferbe in Betracht kommende Abkömmling oder sonst nach § 5 HöfeO berufene Hoferbe.
Rz. 98
Die an die Wirtschaftsfähigkeit zu setzenden Anforderungen sind streng, besonders, wenn Erben gleicher Ordnungen um die Hoferbfolge streiten.
Rz. 99
Die Wirtschaftsfähigkeit muss in der Regel auch bei dem durch den Erblasser bestimmten Hoferben vorliegen, da nur bei Absicherung des Fortbestandes des Hofes und seiner dauerhaften Bewirtschaftung die Einschränkungen der Rechte der weichenden Erben zu rechtfertigen ist. Ausnahmsweise wird hiervon abgesehen hinsichtlich des Ehegatten, außerdem wenn Abkömmlinge ausschließlich wegen ihres jungen Alters von der Erbfolge ausgeschlossen würden oder wenn nur wirtschaftsunfähige Abkömmlinge (Kinder und Enkel) und ein wirtschaftsunfähiger Ehegatte vorhanden sind. Dann kann der Erblasser einen Hoferben nach § 7 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 HöfeO aus dem Kreis der wirtschaftsunfähigen Abkömmlinge bestimmen. Bei der Hoferbfolge ist zu beachten, dass minderjährige Hoferben an die Stelle ihres eigentlich zunächst berufenen Elternteils treten können. Insbesondere können damit Probleme der fehlenden Wirtschaftsfähigkeit des Elternteils umgangen werden, da das Kriterium beim Minderjährigen nicht zwingend gegeben sein muss. Sind Minderjährige am Hoffolgezeugnis-Verfahren neben einem Elternteil beteiligt, so ist dieser ebenso wie sein Ehegatte von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, mit der Folge, dass für das Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist. Kommt z.B. das mittlere oder bei Ältestenerbrecht, das jüngere Kind als Hoferbe in Betracht, besteht zudem ein Interessenkonflikt zwischen den Interessen der Geschwister, mit der Folge, dass für jedes der minderjährigen Kinder ein eigener Ergänzungspfleger zu bestellen ist.
Rz. 100
Wirtschaftsfähigkeit gegeben |
Wirtschaftsfähigkeit nicht gegeben |
Ausbildung als Koch; keine landwirtschaftliche Ausbildung; über 12 Jahre Verpachtung des Hofs vor Tod des Erblassers an Hofprätendenten; Erwirtschaftung von Gewinnen neben Pachtzahlung von 40.800 DM pro Jahr; unrentable Wirtschaftsführung nach Auffassung des weichenden Erben – nach Auffassung des Gerichts: Wertungsfrage, die für Verneinung nicht ausreicht |
Kein landwirtschaftlicher Beruf, sondern Handwerk erlernt; Mithilfe (Gehilfentätigkeiten) auf dem Hof; gelegentliches Lesen des "Landwirtschaftlichen Wochenblatts"; Interesse an Gesprächen über Landwirtschaft; keine grobe Darstellung des Wirtschaftsplanes auf Befragen des Gerichts; keine Kenntnisse über möglichen Ertrag pro Hektar (Schätzung); keine Kenntnisse über Erzeugn... |