Normenkette
HöfeO § 1 Abs. 1, 3 S. 1, §§ 4, 5 Nr. 4, § 6 Abs. 5-7; HöfeVfO §§ 5, 11 Abs. 1 Buchst. g
Verfahrensgang
AG Wolfsburg (Beschluss vom 05.10.2022; Aktenzeichen 4 Lw 3/22 2) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Wolfsburg vom 05.10.2022 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Wertstufe bis 200.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet der Antrag der Beteiligten zu 1. gemäß § 11 Abs. 1 g HöfeVfO auf Feststellung eines Hoferben für den im Grundbuch von C., Blatt ..., eingetragenen Hof.
Der verfahrensgegenständliche Hof wurde ursprünglich von Herrn G. P., dem Ehemann der Beteiligten zu 1., gemeinsam mit ihr bewirtschaftet. Im Jahr 1987 übertrug der, im Jahre 2007 verstorbene, Herr G. P. den Hof auf seinen Sohn, Herrn M. P. (nachfolgend: der Erblasser). Auf dem ca. 80 ha großen Hof wurden bis 1998 Milchkühe gehalten, danach wurde ein reiner Ackerbaubetrieb unterhalten. Der Erblasser verstarb am 01.09.2021 kinderlos.
Es ergeben sich folgende verwandtschaftlichen Verhältnisse:
Die Beteiligte zu 1. - die Mutter des Erblassers - hat zwei Töchter, die Beteiligten zu 2. und zu 3. Die Beteiligten zu 4, 5. und 6. sind Kinder der Beteiligten zu 2., während die Beteiligten zu 7. und 8. die Kinder der Beteiligten zu 3. sind. Weitere Beteiligte sind die Kinder des Beteiligten zu 6. (die Beteiligten zu 9. und 10.) sowie der Beteiligten zu 4. (die Beteiligten zu 11. und 12.).
Die Beteiligte zu 1. war zum Zeitpunkt des Erbfalls 88 Jahre alt. Nach dem Tod des Erblassers bereitete sie den Abschluss eines Bewirtschaftungsvertrages für den verfahrensgegenständlichen Hof mit dem Landwirt W. vor, der die landwirtschaftlichen Tätigkeiten auf dem Hof übernehmen sollte.
Der Beteiligte zu 6. absolvierte eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker und ist im Haupterwerb als Oberbauleiter für den Glasfaserausbau bei der Fa. W. zuständig. Im Nebenerwerb war er seit 2006 durchgehend für verschiedene Landwirte tätig, zuletzt bei der K. GbR in B.. Dabei übte er diverse landwirtschaftliche Tätigkeiten einschließlich der Bedienung verschiedener landwirtschaftlicher Maschinen aus.
Die Beteiligte zu 2. hat im Jahre 1976 die Prüfung im Ausbildungsberuf als milchwirtschaftliche Laborantin bestanden und arbeitete bei der Landwirtschaftskammer im Untersuchungszentrum, in dem sie Milch und Milchprodukte untersuchte. Die Beteiligte zu 2. hat dem Erblasser auf dem Hof in verschiedenen Bereichen geholfen.
Vor dem Amtsgericht hat die Beteiligte zu 1. beantragt, den Hoferben festzustellen. Sie hat dabei die Auffassung vertreten, wirtschaftsfähig und damit Hoferbin geworden zu sein. Sie kenne den Hof gut und sei auch nach dem Erbfall in der Lage gewesen, für eine sachgerechte Verpachtung des Hofes zu sorgen.
Der Beteiligte zu 6. hat die Auffassung vertreten, dass die Antragstellerin nicht wirtschaftsfähig sei und daher nicht als Hoferbin festgestellt werden könne. Er sei hingegen wirtschaftsfähig und als Hoferbe festzustellen.
Auch die Beteiligten zu 3., zu 8., zu 2. haben jeweils die Auffassung vertreten, wirtschaftsfähig zu sein. Außerdem hat der Beteiligte zu 6. geltend gemacht, dass auch seine Söhne, die Beteiligten zu 9. und zu 10. wirtschaftsfähig seien.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 05.10.2022 festgestellt, dass der Beteiligte zu 6. Hoferbe des Hofes C. Blatt ... geworden sei. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Beteiligte zu 1. nicht wirtschaftsfähig sei. Ihre persönliche Anhörung habe nicht zu der Erkenntnis geführt, dass die Beteiligte zu 1. zum Zeitpunkt des Erbfalls über hinreichende landwirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Fähigkeiten verfügt habe. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Beteiligte zu 1. jederzeit die ordnungsgemäße Eigenbewirtschaftung des Hofes übernehmen oder zumindest den eingesetzten Wirtschafter aus eigener Fachkunde heraus überprüfen und ggf. lenken könnte. Die Beteiligte zu 1. habe eingeräumt, keine Erkenntnisse zu den diesjährigen Erträgen und keinen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben des Hofes zu haben. Sie könne auch eine Rechnungslegung durch Herrn W. nicht prüfen und müsste für den Fall eines Ausfalles von Herrn W. sich anderweitig Hilfe suchen. Die Beteiligte zu 1. habe keine Kenntnisse zu Kriterien zur Bemessung der Qualität von Braugerste. Auch wisse sie nicht, welche Gerstensorte angebaut werden solle und ob diesbezüglich Abnahmeverträge bestünden. Gesetzliche Vorschiften zum Düngeeinsatz und zu den zu beregnenden Flächen kenne sie nicht. Auch verrichte sie auf dem Hof keine eigenen Tätigkeiten mehr. Dass die Beteiligte zu 1. in der Lage gewesen wäre, die Rechte und Interessen einer Verpächterin wahrzunehmen, sei zur Annahme der Wirtschaftsfähigkeit nicht ausreiche...