Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 104
Rspr. und Finanzverwaltung sehen in einer qualifizierten Nachfolgeklausel eine erbschaftsteuerlich grds. unbeachtliche dinglich wirkende Teilungsanordnung, sodass der Gesellschaftsanteil trotz Sondererbfolge erbschaftsteuerlich allen Miterben entsprechend der Erbquote zuzurechnen ist. Dennoch können nach § 13a Abs. 5 ErbStG nur die qualifizierten Erben die Begünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG in Anspruch nehmen.
Beispiel
E hat in seinem Testament seine beiden Kindern T und S jeweils zur Hälfte als Erben eingesetzt. Zum Nachlass gehört ein Anteil an einer Personengesellschaft (gemeiner Wert 20 Mio. EUR), welcher vollumfänglich begünstigungsfähig ist, also kein schädliches Verwaltungsvermögen beinhaltet, und Kapitalvermögen mit einem Wert i.H.v. 5 Mio. EUR. Der Gesellschaftsanteil soll nach dem Gesellschaftsvertrag durch qualifizierte Nachfolgeklausel auf seine Tochter T übergehen. Zum Ausgleich soll T an S einen Ausgleich i.H.v. 5 Mio. EUR leisten, den sie zur Hälfte dadurch erbringt, dass sie das gesamte Kapitalvermögen S überlässt.
Erwerb durch Erbanfall (PersG-Anteil) auch bei S |
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Summe |
S |
T |
gemeiner Wert BV |
20.000.000,00 EUR |
10.000.000,00 EUR |
10.000.000,00 EUR |
Regelverschonungsabschlag (85% bei T, kein Abschlag bei S nach § 13a Abs. 5 Satz 1/2 ErbStG) |
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– 8.500.000,00 EUR |
verbleibender Wertansatz |
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1.500.000,00 EUR |
sonstiges Vermögen |
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2.500.000,00 EUR |
2.500.000,00 EUR |
Erhöhung Bemessungsgrundlage Verschonungsabschlag um 85 % aus 2.500.000 (§ 13a Abs. 5 Satz 3 ErbStG) |
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– 2.125.000,00 EUR |
kein Ansatz Ausgleichsanspruch |
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steuerbarer Erwerb |
14.375.000,00 EUR |
12.500.000,00 EUR |
1.875.000,00 EUR |
Nach § 13a Abs. 5 ErbStG kann der Überträger begünstigten Vermögens die Begünstigungen nicht in Anspruch nehmen, diese stehen vielmehr ausschließlich dem Übernehmenden zu. Dies gilt auch im Fall der Teilungsanordnung oder einer einvernehmlichen Nachlassteilung zwischen den Erwerbern. Diese Grundsätze sind auch bei einer qualifizierten Nachfolgeklausel anzuwenden, sodass allein der übernehmende Erbe die Begünstigungen auf seinen Erwerb in Anspruch nehmen kann. Allerdings kann der Nachfolger nicht die Verschonung für den gesamten Anteil in Anspruch nehmen, denn erbschaftsteuerlich erwirbt er nur den hälftigen Anteil. Nach § 13b Abs. 5 Satz 3 ErbStG erhöht sich lediglich die Bemessungsgrundlage für den Verschonungsabschlag um das nicht begünstigte Vermögen, das der Nachfolger dem weichenden Erben als Ausgleich für seinen Übererwerb begünstigten Vermögens überträgt.
Rz. 105
Die Verwaltung versucht, die Gewährung der Begünstigungen der §§ 13a, b, 19a ErbStG davon abhängig zu machen, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG für die Fortführung der Buchwerte eingehalten sind. Sofern das (ganz oder teilweise) zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehört, sind über- und unterquotale Übertragungen von Sonderbetriebsvermögen unschädlich. Die Rechtsgrundlagen für diese Parallele zu § 6 Abs. 3 EStG sind zweifelhaft, weil das ErbStG anders als das EStG allein die Bereicherung des Erwerbers im Blick hat; dessen Bereicherung ist der Grund für die Auferlegung der Steuerlast, die ertragsteuerlichen Identität hat dagegen im erbschaftsteuerlichen Kontext keine Bedeutung. Da der BFH und ihm mittlerweile weitestgehend folgend auch die Finanzverwaltung vorherige Umschichtungen, insbesondere nach § 6 Abs. 5 EStG, als unschädlich für die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG ansehen, sofern es sich bei dem übergehenden Restbetriebsvermögen um eine funktionsfähige Einheit handelt, eröffnen sich dem Gestalter eine Vielzahl von Möglichkeiten vor der Übertragung das zurückbleibende und das zu übertragende Betriebsvermögen nach den Wünschen und Vorstellungen der Beteiligten zu strukturieren.
Der Verwaltung zufolge müssen in den Fällen, in denen ein Gesellschaftsanteil insgesamt übergeht, auch die wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie das Sonderbetriebsvermögen übergehen, sofern im Vorfeld das Sonderbetriebsvermögen bzw. die wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht gem. § 6 Abs. 5 EStG strukturiert worden sind. Bei diesem Ausgangspunkt stellt sich die Frage, welche Folgen sich aus der partiellen Entnahme des Sonderbetriebsvermögens in den Fällen ergibt, in denen neben dem Nachfolger weitere Miterben beteiligt sind. Zweifelsfrei ist der Erwerb des anteiligen Sonderbetriebsvermögens durch die nicht nachfolgenden Miterben nicht begünstigt. Die Richtlinien äußern sich aber nicht zu der Frage, ob das auf den Nachfolger übergehende Vermögen begünstigt bleibt, wenn das auf die nicht nachfolgenden Miterben übergehende Sonderbetriebsvermögen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört. Man wird wohl annehmen können, dass auch hier für die Erbschaftsteuer keine strengeren Maßstäbe als bei der Einkommensteuer anzulegen sind, auch wenn dort die Buchwertfortführung letztlich auf einer Billigkeitsentscheidung beruht.