Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 137
Die erbschaftsteuerliche Erfassung erfordert eine Bewertung des übergegangenen Geschäftsanteils bzw. der übergegangenen Aktien. Diese Bewertung richtet sich nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG i.V.m. § 11 BewG. Danach ist bei börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften – (Kommandit-)Aktien – der Börsenkurs anzusetzen. Kommt eine Bewertung anhand des Börsenkurses nicht in Betracht, so ist der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 BewG anzusetzen. Dieser ist vorrangig aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die im Rahmen eines gewöhnlichen Geschäftsverkehrs und innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr vor dem Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) abgewickelt werden. Ausnahmsweise kann der Wert aus Veräußerungen nach dem Bewertungsstichtag abgeleitet werden, wenn am Bewertungsstichtag bereits Einigung über den Kaufpreis bestand und lediglich der formelle Vertragsschluss dem Bewertungsstichtag nachfolgt oder der Vertragsschluss innerhalb einer nach Wochen zu bemessenden Frist vor dem Bewertungsstichtag lag, sich der Kaufpreis aber nach einem Zeitpunkt bemisst, der innerhalb eines Jahres nach dem Bewertungsstichtag liegt. Ob der Substanzwert bei der Ableitung des Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten die Untergrenze bildet, ist umstritten, u.E. aber zu verneinen, da der Verkaufspreis den tatsächlichen Marktwert darstellt, der nicht überschritten werden kann.
Kann der gemeine Wert auch nicht aus Verkäufen abgeleitet werden, ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode, zu ermitteln, wobei der Substanzwert die Untergrenze bildet.
Die Bewertung von Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen erfolgt grds. nach denselben Verfahren, sodass auf die Ausführungen unter Rdn 22, 17 ff. verwiesen werden kann. Ist jedoch der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände (z.B. weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Kapitalgesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich durch den Kurswert oder den gemeinen Wert nach § 11 Abs. 2 BewG für die einzelnen Anteile ergibt, so ist dieser gemeine Wert der Beteiligung maßgebend (§ 11 Abs. 3 BewG).
Rz. 138
Der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist – anders als der Erwerb von Anteilen an Personenunternehmen – nicht per se erbschaftsteuerlich begünstigt, sondern nur dann, wenn der Erblasser an der Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 % beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (keine zeitraumbezogene Betrachtung).
Die Notwendigkeit, eine Mindestbeteiligungsquote als Voraussetzung für die Begünstigung zu bestimmen, resultiert aus dem Abgrenzungsproblem zwischen einer reinen Kapitalanlage und einer unternehmerischen Beteiligung. Hier hat sich der Gesetzgeber an der Sperrminorität für satzungsändernde Gesellschafterbeschlüsse orientiert. Diese Beteiligungsquote ist zu hoch, weil in mittelständischen (Familien-)Unternehmen auch unternehmerische Beteiligungen häufig unterhalb dieser Grenze anzutreffen sind. Demgegenüber ergibt das Unmittelbarkeitserfordernis keinen nachvollziehbaren Sinn. Denn es kann ohnehin nur die Rechtsnachfolge in das unmittelbar gehaltene Vermögen besteuert werden, die dann aber eine Nachfolge in das mittelbar gehaltene Vermögen umfasst.
Deshalb spielt das Unmittelbarkeitserfordernis bei mittelbar gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften keine Rolle, wenn das unmittelbar gehaltene Vermögen selbst begünstigt ist. Ist das unmittelbar gehaltene Vermögen nicht begünstigt – z.B. eine vermögensverwaltende, also Überschusseinkünfte (§§ 20, 21 EStG) vermittelnde Personengesellschaft – so ergibt das Unmittelbarkeitserfordernis jedenfalls dann keinen Sinn, wenn man § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG (Bruchteilsbetrachtung) auch zutreffend auf der Erblasser-/Schenkerseite anwendet. Anderer Ansicht ist allerdings die Steuerverwaltung (H E 10.4 ErbStH 2019) und nun auch der BFH, sodass insb. bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften eine Gestaltungsfalle droht. Probleme können sich auch bei eigenen Anteilen oder im Fall einer Einziehung ergeben, jedenfalls dann, wenn Letztere nicht mit einer Kapitalherabsetzung verbunden wurde.
Rz. 139
Zu beachten ist auch, dass die Begünstigungsgewährung bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, die mit diesen Anteilen wirtschaftlich zusammenhängenden Verbindlichkeiten nicht berührt. § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG ordnet einen entsprechend dem Verschonungsabschlag gekürzten Schuldenabzug für derartige Verbindlichkeiten an. In Fällen eines Schuldenüberhangs besteht nach den §§ 13a, 13b ErbStG im Gegensatz zu § 13 Abs. 3 Satz 2 ErbStG (und § 13a Abs. 6 ErbStG i.d.F. bis 31.12.2008) nicht mehr die Möglichkeit, auf die Begünstigung zu verzichten. Dieser (erhebli...