Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 183
Eine vorweggenommene Erbfolge wird meist als freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) der Schenkungsteuer unterliegen. Die Steuer entsteht, wenn die Schenkung ausgeführt ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Neben dem Tatbestand der freigebigen Zuwendung kommen auch andere Steuertatbestände aus dem Katalog des § 7 ErbStG in Betracht.
Rz. 184
Auch im Bereich der Schenkungsteuer ist die Abgrenzung Entgeltlichkeit/Teilentgeltlichkeit/Unentgeltlichkeit von Bedeutung, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Während einkommensteuerlich im Umfang der Unentgeltlichkeit eine Steuerentstehung vermieden werden kann, begründet im schenkungsteuerlichen Kontext gerade die Unentgeltlichkeit steuerliche Belastungen.
Rz. 185
Bei einer gemischten Schenkung oder einer Schenkung unter Auflage (Leistungsauflage sowie Nutzungs- bzw. Duldungsauflage) ist der steuerpflichtige Erwerb die Bereicherung, soweit sie dem ErbStG unterliegt ("modifizierte Trennungstheorie"). Hierzu ist vom Steuerwert der Leistung der Steuerwert der Gegenleistung bzw. der Auflage abzuziehen.
Liegt eine Nutzungs- oder Duldungsauflage vor (vorbehaltene Nutzungen), so ist der Kapitalwert der Auflage bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, also vom Steuerwert des geschenkten Vermögens zu subtrahieren.
Rz. 186
Im Kontext der Abgrenzung zwischen Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit werden einkommen- und schenkungsteuerlich v.a. die privaten Versorgungsleistungen unterschiedlich qualifiziert. Ungeachtet des Umstandes, dass Versorgungsleistungen nach der Rspr. des Großen Senats des BFH aus den Erträgen des übertragenen Vermögens finanziert werden müssen und deshalb in der Sache nichts anderes sind als vorbehaltene Erträge, grenzt der II. Senat des BFH rein formal danach ab, dass es sich hierbei um Geldleistungen handelt, die nach traditionellen Denkmustern als Leistungsauflage oder Gegenleistung zu qualifizieren sind.
Das begründet im Bereich der Nachsteuertatbestände (§§ 13a Abs. 6, 19a Abs. 5 ErbStG) eine schädliche Verfügung hinsichtlich des entgeltlichen Teils (R E 13a.12 Abs. 2 Nr. 2 ErbStR 2019), wenn also etwa der Erwerber begünstigten Vermögens dieses innerhalb der Behaltefrist gegen Versorgungsleistungen weiterüberträgt, auch wenn einkommensteuerlich ein unentgeltlicher Vorgang vorliegt. Die Annahme einer Gegenleistung bzw. Leistungsauflage hat zwar eine Minderung der schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlage zur Folge, ohne dass aber korrespondierend eine ertragsteuerliche Gewinnrealisierung befürchtet werden müsste. In Betracht kommt allerdings die Steuerbarkeit nach dem Grunderwerbsteuergesetz auf der Grundlage der "Gegenleistung"; jedoch dürften im Kontext einer vorweggenommenen Erbfolge häufig persönliche Befreiungstatbestände eingreifen (§ 3 Nr. 4, Nr. 6 GrEStG).