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Begünstigt ist nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur der Teil des begünstigungsfähigen Vermögens, der den um das unschädliche Verwaltungsvermögen gekürzten Teil des Nettowerts des Verwaltungsvermögens übersteigt. Der weitergehende Wertanteil, also der verbleibende Nettowert des Verwaltungsvermögens unterliegt als sog. (schädliches) Verwaltungsvermögen der Regelbesteuerung. Die Beschränkung auf das begünstigte Vermögen gilt für sämtliche Verschonungsregeln, namentlich den Wertabschlag nach § 13a Abs. 9 ErbStG; den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG; die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG; die Vollverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG; die Tarifbegrenzung nach § 19a ErbStG; die Stundung nach § 28 ErbStG und die Verschonungsbedarfsprüfung bzw. den damit verbundenen (Teil-)Erlass nach § 28a ErbStG.

Die Beschränkung der Verschonungswirkung auf das begünstigte Vermögen erfordert ein umfangreiches Instrumentarium, welches eine kaum noch zu bewältigende Komplexität mit sich bringt:

Das Verwaltungsvermögen ist nicht auf die jeweilige wirtschaftliche Einheit beschränkt, sondern konzernweit zu ermitteln, um Kaskadeneffekte zu vermeiden. Aus diesem Grund sind die Gesellschaften unabhängig von der Rechtsform für die Ermittlung des begünstigten und des nicht begünstigten Vermögens als transparent zu behandeln. Hierfür erfolgt eine Verbundvermögensaufstellung, bei der das Verwaltungsvermögen aller Beteiligungsebenen anteilig (entsprechend der Beteiligungsquote) einzubeziehen ist (§ 13b Abs. 9 ErbStG), wobei das junge Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 7 ErbStG und die jungen Finanzmittel im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG jeweils gesondert auszuweisen sind.
Dem Verwaltungsvermögen werden auch Schulden zugeordnet (Nettobetrachtung). Dies ist im Ausgangspunkt zutreffend, wenngleich die Methode der Schuldenzuordnung ebenso zu kritisieren ist wie der Umstand, dass das Gesetz insbesondere bei der Zugangsprüfung zum Verschonungssystem und zur Vollverschonung bei dem in der Sache nicht nachvollziehbaren Brutto-Netto-Vergleich bleibt. Das Gesetz verzichtet insoweit grds. auf eine Zuordnung nach wirtschaftlicher Veranlassung bzw. Finanzierungszusammenhang und ordnet die Schulden pauschal, nämlich quotal zu (§ 13b Abs. 6 Satz 2 ErbStG). Eine Ausnahme ist allerdings für Verwaltungsvermögen vorgesehen, das der Deckung von Altersversorgungsverpflichtungen dient und insolvenzgesichert ist (§ 13b Abs. 3 ErbStG, in Anlehnung an § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB) und für Schulden, die im Rahmen des Finanzmitteltests mit Finanzmitteln saldiert werden (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG).

Generell nicht begünstigt sind das junge Verwaltungsvermögen und die jungen Finanzmittel. Sie können jedoch unter den Voraussetzungen des § 13b Abs. 3 ErbStG mit Altersversorgungsverpflichtungen saldiert werden (divergierende Regelungen in § 13b Abs. 3 ErbStG einerseits und § 13b Abs. 8 Satz 3 ErbStG andererseits).

Zum jungen Verwaltungsvermögen gehört sämtliches Verwaltungsvermögen, das dem jeweiligen Betrieb im Übertragungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG).
Unter jungen Finanzmitteln ist nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG der Saldo der innerhalb von zwei Jahren vor dem Übertragungsstichtag eingelegten und entnommenen Finanzmittel zu verstehen. Junge Finanzmittel können nicht im Rahmen des Finanzmitteltests mit Verbindlichkeiten saldiert werden.
Nach Ansicht von Verwaltung[44] und Rspr.[45] begründen auch bloße Vermögensumschichtungen (z.B. von Wertpapieren) oder steuerneutrale Umstrukturierungen (z.B. Verschmelzung, Spaltung, Ausgliederung, Einbringung eines Einzelunternehmens, Anwachsung auf den letzten verbleibenden Gesellschafter) junges Verwaltungsvermögen. Dies ist abzulehnen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während bei steuerneutralen Umstrukturierungen sich regelmäßig an der Zugehörigkeit des Verwaltungsvermögen zum selben Betrieb nichts ändert und damit schon der Tatbestand des § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG nicht erfüllt ist, ist bei Vermögensumschichtungen zwar der Wortlaut der Norm erfüllt, da in diesen Fällen aber keine missbräuchliche Steuergestaltung im Raum steht, ist eine teleologische Reduktion geboten.[46] Für die Gestaltungspraxis ist die von Verwaltung und Rspr. vertretene Auffassung hingegen zu beachten. Positiv ist lediglich, dass die Verwaltung zugleich klargestellt hat, dass durch die Einbringung eines Mitunternehmeranteils, die Aufnahme eines neuen Gesellschafters, einen Formwechsel oder die Option zur Körperschaftsbesteuerung (§ 1a KStG)[47] kein junges Verwaltungsvermögen begründet wird, sofern der Gesellschaft nicht in diesem Zusammenhang Verwaltungsvermögen von außen (bspw. als Einlageleistung oder aus dem Sonderbetriebsvermögen) zugeführt wird.
Auch bei jungen Finanzmitteln vertritt die Verwaltung eine sehr extensive – vom Wortlaut der Vorschrift nicht mehr gedeckte – Auslegung, wonach sämtliche Umwandlungsvorgänge, die zu jungem Verwaltu...

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