Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 29
Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die Sitz oder Geschäftsleitung in der EU oder im EWR hat, können begünstigungsfähiges Vermögen sein, wenn der Erblasser/Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Die Mindestbeteiligungsquote hat den Zweck, auf typisierende Weise unternehmerische Beteiligungen von reinen Kapitalanlagen zu trennen und Letztere von den Begünstigungen auszunehmen. Sie ist u.E. zu hoch. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Tod des Erblassers bzw. der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung. Eine unmittelbare Beteiligung am Nennkapital soll – trotz § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG – bereits insoweit ausgeschlossen sein, als die Beteiligung über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehalten wird (R E 13b.6 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019, H E 10.4 ErbStH 2019). Die Begünstigung knüpft ausschließlich an den statutarischen Sitz oder den Ort der Geschäftsleitung an. Unerheblich ist, ob sich das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft im In- oder Ausland befindet. Mittelbar begünstigt ist also auch – anders als bei gewerblich tätigen Personengesellschaften – Vermögen, das einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.
Rz. 30
Die Mindestbeteiligungsquote nach § 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG kann auch dadurch erfüllt werden, dass Gesellschafter, die diese nicht erreichen, ihre Anteile durch Abschluss einer Poolvereinbarung mit anderen Gesellschaftern bündeln. Hierbei sind die Mitglieder verpflichtet,
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über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegenden Anteilseigner zu übertragen und |
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das Stimmrecht ggü. nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. |
Zur Vermeidung von Diskussionen mit der Finanzverwaltung empfiehlt sich eine weitestgehend an den Gesetzestext anlehnende Formulierung und eine zusätzliche Regelung, wonach die Gesetzesauslegung durch die Verwaltung für die Vertragspartner für verbindlich erklärt wird. Die Poolvereinbarung selbst ist formfrei möglich und kann daher auch mündlich abgeschlossen werden. Zu Beweiszwecken und zur Vermeidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien oder der Verwaltung über den Inhalt der Vereinbarung sollte die Poolvereinbarung stets schriftlich abgeschlossen werden. Ferner sollte die Poolvereinbarung so ausgestaltet sein, dass keine vermögensverwaltende Gesellschaft mit Gesamthandsvermögen entsteht und die Gesellschafter weiterhin die Kapitalgesellschaftsanteile unmittelbar halten (zum Unmittelbarkeitserfordernis s. Rdn 29). Unklar ist z.B. auch, welche Folgen sich aus einem Verstoß gegen eine Verpflichtung der Poolvereinbarung ergeben, da bei einem einmaligen Verstoß wohl kaum eine Aufhebung der Poolvereinbarung nach § 13a Abs. 5 Nr. 5 ErbStG (sog. Behaltensfristverletzung) angenommen werden kann. Die Vereinbarung einer Poollösung sollte deshalb regelmäßig nur als Übergangslösung gewählt werden. Vorzuziehen ist die Einbringung von Anteilen im einem den Anforderungen des § 13b Abs. 2 Nr. 2 ErbStG genügenden Umfang etwa in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft.