Dr. Fabian Friz, Dr. Konrad Grünwald
Rz. 47
Der Wertabschlag nach § 13a Abs. 9 ErbStG ist eine der größeren Fehlleistungen des Gesetzgebers, dessen Inanspruchnahme regelmäßig nicht zu empfehlen ist und deshalb nur ganz besonders gelagerten Einzelfällen vorbehalten bleiben dürfte.
Die Problematik, die mit dem Wertabschlag gelöst werden soll, entsteht dadurch, dass nach § 9 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 BewG gesellschaftsvertragliche Abfindungs- und Verfügungsbeschränkungen bei der Ermittlung des gemeinen Werts, also des Betrags, den ein gedachter Erwerber zu zahlen bereit wäre, unberücksichtigt bleiben. In diesen Fällen unterliegt daher ein den tatsächlichen Zuwachs an steuerlicher Leistungsfähigkeit übersteigender Betrag der Erbschaft- oder Schenkungsteuer.
Die Regelung des § 13a Abs. 9 ErbStG kann das geschilderte Problem daher nicht lösen, beeinflusst sie nicht den Anteilswert als solchen, sondern belässt es bei einer unzutreffenden Bemessungsgrundlage und gewährt unter zusätzlichen Beschränkungen einen als Verschonung ausgestalteten Abschlag. Ein derartiger Abschlag macht indessen eine Berücksichtigung der Bereicherungsminderung durch Verfügungs- und Abfindungsbeschränkung in der Bemessungsgrundlage nicht entbehrlich.
Voraussetzung für den Abschlag nach § 13a Abs. 9 ErbStG ist, dass die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag Bestimmungen enthält, die
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Entnahmen/Ausschüttungen auf 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen entfallenden Steuer gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränken; |
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Verfügungen über die Beteiligung auf Angehörige i.S.d. § 15 AO, Mitgesellschafter oder eine Familienstiftung beschränken und |
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Abfindungsansprüche beschränken. |
Die Bestimmungen müssen zwei Jahre vor dem Erwerb und 20 Jahre nach dem Erwerb gelten und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.
Mangels Gesellschaftsvertrags können Übertragungen eines Einzelunternehmens nicht vom Vorababschlag nach § 13a Abs. 9 ErbStG profitieren. Legt man den Wortlaut der Norm restriktiv aus, ist es nicht ausreichend, wenn die Beschränkungen in Poolverträgen geregelt werden. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die Verfügbarkeit von Aktien nicht uneingeschränkt begrenzt werden können, problematisch, weshalb die Finanzverwaltung den Vorwegabschlag bei Anteilen an Aktiengesellschaften nicht gewähren möchte.
Die Entnahmebeschränkung ist unter mehreren Gesichtspunkten zu kritisieren: Zum einen tritt sie neben die Nachsteuerbestimmung des § 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG und geht sogar noch weit über diese hinaus, weil sie bei Verlusten oder ausgeglichenen Ergebnissen jede Entnahme und auch eine vollständige Entnahme von Gewinnen untersagt. Sie teilt die begrifflichen Schwierigkeiten dieser Bestimmung. Typischerweise knüpfen die Gesellschaftsverträge die Entnahmebeschränkungen an den handelsrechtlichen Gewinn, was nach Auffassung der Finanzverwaltung ausnahmsweise unschädlich sein soll, wenn die in § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 ErbStG enthaltenen, auf den steuerrechtlichen Gewinn bezogenen Grenzen offensichtlich nicht überschritten werden. Die Anknüpfung an den steuerrechtlichen Gewinn bringt ferner die Frage mit sich, wie sich Änderungen dieses Gewinns etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung oder eines finanzgerichtlichen Verfahrens auswirken. In diesem Kontext ist es für die Praxis höchst problematisch, dass die Vorschrift – anders als § 13a Abs. 6 Nr. 3 ErbStG – keine Kompensation durch gegenläufige Einlagen vorsieht und auch für derartige Korrekturen keinen Zeitraum definiert. Auch eine kompensierende Reinvestitionsmöglichkeit ist nicht vorgesehen. Im Übrigen ist zu bedenken, dass Entnahmebeschränkungen tendenziell Finanzmittel generieren, die die Gefahr in sich bergen, in späteren Nachfolgekonstellationen den Teil des schädlichen Verwaltungsvermögens zu erhöhen. Unklar ist auch weitgehend, wie die Bestimmung auf Gewinne von Kapitalgesellschaften anzuwenden ist. Bei Personengesellschaften dürfte ausschließlich auf den Gesamthandsgewinn abzustellen sein und das Ergebnis von Sonder- und Ergänzungsbilanz unberücksichtigt bleiben, da die Finanzverwaltung den Wertabschlag nur auf das Gesamthandsvermögen gewähren möchte. U.E. ist eine Entnahmebeschränkung im vorliegenden Kontext insgesamt sachlich verfehlt. Hierfür spricht auch, dass das Gesetz die Höhe des Abschlages allein von der Abfindungsbeschränkung abhängig macht, die Entnahmebeschränkung und die Verfügungsbeschränkung damit faktisch nur als Art Eingangsprüfung für den Verschonungsabschlag fungieren.
Auch die erforderlichen Verfügungsbeschränkungen gehen über den erforderlichen Rahmen hinaus: Häufig ist in Gesellschaftsverträgen von Familienunternehmen geregelt, dass Übertragungen der Gesellschaftsanteile der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen, Übertragungen auf Abkömmlinge dagegen zustimmungsfrei möglich sind. Solche Verfügungsbeschränkungen genügen nicht den Vorgaben des § 13a Abs. 9 ErbStG, da Verfügungen an Dritte nicht per se ausgeschlossen sind. Diese Beschränkung d...