Rz. 12
Die tatbestandlich von § 253 Abs. 2 BGB vorausgesetzten Verletzungen des Körpers bzw. der Gesundheit sind grundsätzlich nicht anders zu verstehen als in § 823 Abs. 1 BGB, weswegen auf die diesbezüglichen Kommentierungen verwiesen werden kann. Das gilt unter anderem auch für etwa einem Unfallgeschehen zuzurechnende psychische Unfallfolgen.
Rz. 13
Im Ergebnis nur konsequenter Anwendung der jedenfalls aktuell bestehenden innerstaatlichen Gesetzeslage – hier namentlich der strengen Beschränkung von Schadensersatzansprüchen lediglich mittelbar Geschädigter (vgl. §§ 844 ff. BGB) – entspricht es, wenn die Rechtsprechung bei der Zuerkennung von Schmerzensgeld für nicht unmittelbar Unfallbeteiligte sehr zurückhaltend ist. Erlebt jemand "nur" als Unfallzeuge ein Unfallgeschehen mit, so sind hieraus resultierende Beeinträchtigungen (Schreckzustände oder auch psychische Erkrankungen) grundsätzlich dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen und rechtfertigen demgemäß nicht die Zubilligung eines Schmerzensgelds. Entsprechendes gilt, soweit die Rechtsprechung mit Blick auf die – de lege lata – gemäß § 253 Abs. 2 BGB erforderliche Tatbestandsvoraussetzung einer Verletzung von Körper oder Gesundheit einerseits und mit Blick auf §§ 844 ff. BGB in ständiger Rechtsprechung bis dato sog. Schockschäden etwa von nahen Angehörigen aufgrund der Nachricht über die schwere Verletzung oder des Todes eines verwandten Unfallopfers nur ausnahmsweise dann als – auch – einen eigenen Schmerzensgeldanspruch des insofern lediglich mittelbar Betroffenen begründend anerkennt, wenn die durch den Schock ausgelösten psychischen oder physischen Beeinträchtigungen nicht nur überhaupt medizinisch fassbar sind, sondern zudem über das gewöhnliche Maß dessen (z.B. Schlafstörungen) hinaus gehen, dem Hinterbliebene bei der Benachrichtigung von dem Unfall eines nahen Angehörigen oder dem Miterleben eines solchen Unfalls erfahrungsgemäß ausgesetzt sind. Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn das haftungsbegründende Ereignis kein Unfall, sondern eine fehlerhafte ärztliche Behandlung ist.
Rz. 14
Bei der Beurteilung der Frage, ob psychische Beeinträchtigungen infolge des Unfalltodes naher Angehöriger eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, kommt freilich dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, ob die Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des "Schockgeschädigten" an dem Unfall oder das Miterleben des Unfalls zurückzuführen oder ob sie (nur) durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind. In Konsequenz dessen wurde bislang – nur ausnahmsweise – zum Beispiel Eltern, die nach dem Unfalltod ihres einzigen, zwölfjährigen Kindes (das von einem umstürzenden Grabstein erschlagen wurde) in schwere Depressionen verfielen, sich wegen pathologischer Trauerreaktion einer nahezu zweimonatigen klinischen und danach ambulanten Behandlung unterziehen mussten, ein Schmerzensgeld zuerkannt, desgleichen einem Mann für anhaltende Depressionen nach dem Verkehrsunfalltod seiner 17-jährigen Adoptivtochter oder zwei zwölf- und 15-Jährigen, die Zeugen der Tötung ihrer Mutter geworden waren und dadurch Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten hatten.
Rz. 15
Hieran ist de lege lata, angesichts der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG), für § 253 BGB auch angesichts der gesetzlichen Sonderregelung eines "Hinterbliebenengelds", festzuhalten. Jedenfalls im Rahmen des Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes hatte der Gesetzgeber ein Angehörigenschmerzensgeld auch für den Todesfall eines nahen Angehörigen noch ausdrücklich abgelehnt. International, speziell auch schon im europäischen Umfeld, stellte sich die Situation insoweit freilich schon länger völlig anders dar, was sich bei "internationalen Unfällen" durchaus spürbar auswirken konnte. Inzwischen hat der Bundesgesetzgeber in § 844 Abs. 3 BGB und – wortidentischen – gesetzlichen Regelungen in anderen Spezialgesetzen allerdings durch Einführung eines sog. Hinterbliebenengelds eine eigenständige Sonderlösung getroffen.
Rz. 16
Zu beachten ist im Übrigen, dass die Rechtsprechung zu Schmerzensgeldansprüchen in Fällen psychisch vermittelter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen (sog. Schockschäden) nicht auf Fälle psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren zu erstrecken ist.