Rz. 1
Die Ehe von M und F ist geschieden. Aus der Ehe ist das 6-jährige Kind K1 hervorgegangen, das von seiner Mutter F betreut wird. F hatte vorübergehend eine Beziehung mit einem anderen Mann, neKV. Aus dieser Beziehung ist das 1-jährige Kind neK2 hervorgegangen, das ebenfalls von F betreut wird. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 3.500 EUR, neKV hat ein solches in Höhe von monatlich 2.500 EUR. F hat kein Einkommen. Wegen der Betreuung der beiden Kinder ist sie nicht berufstätig. F und das Kind K1 verlangen Unterhalt von M.
I. Kindesunterhalt für K1
Rz. 2
Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 verwiesen (siehe § 1 Rdn 1).
M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.500 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 5 (3.101 – 3.500 EUR) zur Anwendung. Es sind 2 Unterhaltsberechtigte (K1 und F) vorhanden. Die DT geht von 2 Unterhaltsberechtigten aus. Eine Höher- oder Herabstufung ist deshalb nicht geboten.
Kind K1 ist 6 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 2. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 546 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K1 beträgt somit 436,50 EUR (546 – 109,50 EUR).
II. Ehegattenunterhaltsanspruch der F/neKM gegen M
1. Anspruchsgrundlage
Rz. 3
Es soll davon ausgegangen werden, dass auch in Bezug auf das 6-jährige Kind K1 ein Unterhaltstatbestand wegen Kinderbetreuung erfüllt ist (vgl. hierzu Fälle 16 und 19, siehe § 3 Rdn 28, § 4 Rdn 1).
2. Bedarf der F/neKM
a) Bedarfsbestimmendes Einkommen des M
Rz. 4
Der eben bestimmte Kindesunterhalt für K1 – dem Kind K2 ist M nicht unterhaltspflichtig – ist nunmehr vom Einkommen des M abzuziehen.
3.500 (Einkommen M) – 436,50 (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 3.063,50 EUR
Bereinigtes Nettoeinkommen des M nach Abzug des Unterhalts für K1: 3.063,50 EUR
Die Erwerbseinkünfte sind nur zu 90 % zu berücksichtigen (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).
Erwerbstätigenbonus für M: 3.063,50 EUR × 10 % = 306 EUR
bedarfsbestimmendes Einkommen des M: 3.063,50 – 306 EUR = 2.757,50 EUR
b) Bedarfsbestimmendes Einkommen der F/neKM
Rz. 5
F/neKM hat kein Einkommen.
Hier stellt sich das Problem, dass F/neKM "in Bezug" auf das 6-jährige Kind K1, also das Kind des M, bereits nach § 1570 eine Erwerbsobliegenheit trifft (vgl. Fall 19, siehe § 4 Rdn 1).
"In Bezug" auf das 1-jährige Kind neK2, also das Kind des neKV, trifft die F/neKM gemäß § 1615l BGB noch keine Erwerbsobliegenheit (vgl. Fall 19, siehe § 4 Rdn 1).
§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.
Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht.
Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) …
§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren …
(2) … Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt.
Diese Problematik entfällt, wenn bzw. sobald F in Bezug auf das Kind K1 die Obliegenheit zur Aufnahme einer vollen Erwerbstätigkeit träfe und durch dieses fiktive Einkommen der eheangemessene Bedarf der F gedeckt würde oder der Bedarf der F gemäß § 1578b BGB auf den (durch Eigeneinkommen gedeckten) angemessenen Bedarf zu begrenzen wäre. Denn dann scheidet eine Unterhaltspflicht des M gegenüber F ohnehin aus.
§ 1578b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.
…
Geht man jedoch davon aus, dass F im Verhältnis zu M nur die Obliegenheit zur teilweisen Erwerbstätigkeit trifft, also weiterhin ein Unterhaltsanspruch gegen M gegeben ist, so erscheint es hier aufgrund des parallelen Unterhaltsanspruchs gegen den nichtehelichen Kindsvater – insoweit hat F keine Erwerbsobliegenheit, da das Kind erst ein Jahr alt ist – geboten, zunächst ohne fiktives Einkommen zu rechnen. Erst bei der "Aufteilung" der Unterhaltslast auf M und neKV wird zu berücksichtigen sein, dass F bei isolierter Betrachtung ihrer Beziehung zu M schon einer (teilweisen) Erwerbstätigkeit nachgehen könnte.
c) Halbteilungsgrundsatz (Grundsatz gleicher Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen)
Rz. 6
Bedarf des Ehegatten ist grundsätzlich die Hälfte der Summe der jeweils um den Erwerbstätigenbonus gekürzten Einkommen der beiden Ehegatten (vgl. Fälle 15 bis 17, siehe § 3 Rdn 1, 28, 60).
Der Umstand, dass auch der Vater des nichtehelichen Kindes der F dieser zum Unterhalt verpflichtet ist, hat zunächst außer Betracht zu bleiben.
Bedarfsbestimmendes Einkommen des M wie oben ermittelt: 2.757,50 EUR
F/neKM hat kein Einkommen.
Voller Bedarf v...