Dr. Martin Feick, Lisa Hammes
a) Die Familiengesellschaft als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge
Rz. 58
Die Familiengesellschaft in ihren vielfältigen Erscheinungsformen gehört zu den klassischen Instrumenten der vorweggenommenen Erbfolge. Wesentlicher Zweck einer Familiengesellschaft ist die schrittweise Übertragung des Vermögens auf die Familienmitglieder, was zu deutlichen Erbschaftsteuerersparnissen führen kann. Die Verteilung des Einkommens auf mehrere Familienmitglieder kann zu einer Einkommensteuerersparnis durch Minderung der Steuerprogression auf das Gesamteinkommen der Familie führen. Bei Einsatz einer Kapitalgesellschaft kann zudem unter Ausnutzung der Vergünstigungen des § 8b KStG (etwa bei Vollthesaurierung von über die Kapitalgesellschaft gehaltenen Dividendeneinkünfte) eine zusätzliche Ersparnis bei der Körperschaft- und Einkommensteuer erzielt werden. Weiterhin ermöglicht die Familiengesellschaft die schrittweise Heranführung der Familienmitglieder an die Verwaltung des Vermögens und den Vermögenszusammenhalt. Dabei ist die Familiengesellschaft sowohl interessant, wenn die Familie ein Unternehmen betreibt, als auch dann, wenn die Familie insb. über liquide Vermögenswerte (Aktien, Bargeld etc.) oder Grundbesitz verfügt. Eine pauschale Aussage, welche Gesellschaftsform für welchen Fall steuerlich die günstigste ist, kann aufgrund der zahlreichen relevanten Faktoren (Höhe der Erträge/Gewinne, Thesaurierungsquote, persönlicher Steuersatz des Gesellschafters, Hebesatz der Gewerbesteuer, etc.) nicht getroffen werden. Daher werden im Folgenden lediglich von der konkreten Gesellschaftsform unabhängige Aspekte der Familiengesellschaft im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erläutert.
b) Schenkung- und Erbschaftsteuerersparnis
Rz. 59
Im Bereich der Schenkung- und Erbschaftsteuer bietet die Familiengesellschaft gewisse Vorteile: Geht z.B. ein Vermögen erst im Erbfall vollständig auf die Nachfolger über, bleibt die Möglichkeit zur Mehrfachausnutzung der Schenkung- und Erbschaftsteuerfreibeträge für Ehegatten i.H.v. 500.000 EUR, Kinder i.H.v. 400.000 EUR und Enkel i.H.v. 200.000 EUR ungenutzt. Werden dagegen die Familienmitglieder schrittweise an einer Familiengesellschaft beteiligt, können diese Freibeträge mehrfach ausgeschöpft werden (§§ 14, 15 ErbStG). Die vorgenannten Freibeträge können von jedem Elternteil und Großelternteil jeweils im Abstand von zehn Jahren voll ausgenutzt werden. Allein durch konsequente Nutzung dieser Freibeträge können bspw. Eltern, die drei Jahrzehnte lang i.R.d. Freibeträge Vermögen auf ihre zwei Kinder übertragen, 12.000.000 EUR erbschaftsteuerfrei übertragen. Diese Beträge erhöhen sich noch deutlich, wenn sich auch die Großeltern an den Zuwendungen beteiligen.
c) Hinführung an die Aufgabe der Vermögensverwaltung
Rz. 60
Neben den Vorteilen bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer bietet eine Familiengesellschaft die Möglichkeit, Familienmitglieder schrittweise an verantwortungsvolle Aufgaben der Vermögensverwaltung heranzuführen. So können den Kindern z.B. zunächst rein vermögensrechtliche Beteiligungen und später auch Mitentscheidungsrechte übertragen werden. In diesem Zusammenspiel werden die Kinder mit gesellschaftsrechtlichen Sachverhalten durch Teilnahme an den Gesellschaftsversammlungen, Lektüre der Jahresabschlüsse, Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen etc. vertraut gemacht. Daneben werden die Nachkommen sukzessive an einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Familienvermögen gewöhnt. Sie erleben als Mitgesellschafter die Entstehung und Durchführung von Anlage- und Investitionsentscheidungen. Da das Mitspracherecht zunächst ausgeschlossen oder doch sehr beschränkt ist, brauchen die Eltern und Großeltern keine Bedenken zu haben, ihre Kontrolle auf die Vermögensverwaltung zu verlieren.
d) Für alle Vermögensarten geeignet; Wahl der richtigen Gesellschaftsform
Rz. 61
Die Familiengesellschaft kann insb. genutzt werden, um liquides Vermögen (Aktien, Rentenpapiere etc.) oder Grundbesitz zu verwalten. Je nach der gegebenen steuerlichen Situation, der geplanten Tätigkeit und der Ausschüttungspolitik muss entschieden werden, in welcher Rechtsform die Familiengesellschaft ausgestaltet wird. Wie bereits gesagt, kann hier eine pauschale Aussage nicht getroffen werden. Bei der Wahl der Gesellschaftsform ist auch darauf zu achten, ob eine steuerneutrale Einbringung der jeweiligen Vermögensgegenstände in die Familiengesellschaft möglich ist. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich i.d.R. für die Verwaltung von Privatvermögen die Nutzung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (GbR, KG oder OHG) und zur Verwaltung von Betriebsvermögen die Nutzung einer gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft (KG, OHG oder GmbH & Co. KG). Daneben ist zu prüfen, ob es nicht auch aufgrund der besonderen steuerlichen Gegebenheiten sinnvoll ist, alternativ oder zusätzlich die Familiengesellschaft als Kapitalgesellschaft (GmbH oder KG) zu organisieren. Unter Umständen kann sich daher die Gründung von zwei oder drei Familiengesellschaften empfehlen, damit für die einzelnen Vermögens...