Dr. Martin Feick, Lisa Hammes
Rz. 106
Der Schenker muss sich die Rückabwicklung nicht für eine abschließende, im Voraus beschriebene Zahl von Fällen vorbehalten. Er ist frei, die Ausübung des Rückabwicklungsrechts gänzlich in sein eigenes Ermessen zu stellen. Dies hat nicht nur den Vorteil, dass der Schenker auf Entwicklungen reagieren kann, die nicht vorhergesehen werden konnten, es schließt auch den oft unerfreulichen und nicht selten gerichtlichen Streit darüber aus, ob die Voraussetzung der Rückabwicklung erfüllt sind oder nicht. Andererseits kann ein freier Vorbehalt steuerliche Probleme verursachen. Zwar bestehen keine Bedenken an der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Schenkung trotz des freien Widerrufsrechts, womit auch erbschaftsteuerlich von einer wirksamen Schenkung auszugehen ist. Dies bedeutet aber nicht, dass auch sämtliche der möglichen Steuervergünstigungen, insbesondere hinsichtlich Betriebsvermögen, gewährt werden. Die §§ 13a, 13b ErbStG setzen bei der Übertragung von Gewerbebetrieben oder Anteilen an Personengesellschaften voraus, dass sowohl Übertragender als auch Erwerber nach ertragsteuerlichen Grundsätzen als Mitunternehmer anzusehen sind. Dabei muss der konkret übertragene Personengesellschaftsanteil aus sich selbst heraus dem Beschenkten nach Ansicht des BFH die Mitunternehmerstellung verschaffen. Bei Vereinbarungen eines freien Widerrufsvorbehalts ist jedoch ertragsteuerlich eine Mitunternehmerschaft des Beschenkten zu verneinen, da dieser dem Willen des Schenkers vollständig ausgeliefert ist und demnach keine Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Vor diesem Hintergrund würde die weitgehende Absicherung des Schenkers mit einem Verlust erheblicher Steuervorteile erkauft. Allenfalls bei Widerrufsvorbehalten, die nur auf kurze Zeit befristet sind, kann möglicherweise dennoch die Mitunternehmerschaft des Erwerbers bejaht werden. Bei sämtlichen länger andauernden Rückübertragungsrechten ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit ein Verlust der Vorteile der §§ 13a, 13b ErbStG anzunehmen. Ergänzend ist anzumerken, dass dem Erwerber auf dieser Grundlage selbstverständlich auch keine ertragsteuerlichen Vorteile zugutekommen, da das Vermögen in seiner Hand gerade nicht als Betriebsvermögen gilt.
Rz. 107
Es ist daher festzustellen, dass ein freies Rückabwicklungsrecht zwar zivilrechtlich zulässig ist und auch mit einer langen Frist von zehn oder mehr Jahren verknüpft werden kann, ohne dass hierdurch die Schenkung sittenwidrig würde, aber bei seiner Vereinbarung im Fall der Übertragung von Betriebsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 1, 2 ErbStG sämtliche Vergünstigungen der §§ 13a, 13b, 19a ErbStG verloren gehen. Vor diesem Hintergrund sollte jedenfalls bei der Übertragung von Gewerbebetrieben und Anteilen an Personengesellschaften auf ein freies Widerrufsrecht verzichtet werden.