Dr. Martin Feick, Lisa Hammes
1. Zivilrechtliche Grundlagen
Rz. 54
Trennt sich der Übergeber bereits lebzeitig von einem Teil seines Vermögens, der noch mit Verbindlichkeiten belastet ist, möchte er i.d.R., dass der Übergeber auch die bestehenden Verbindlichkeiten übernimmt. So soll bei der Übergabe einer fremdfinanzierten Immobilie der Übernehmer i.d.R. auch die noch bestehenden Darlehensverpflichtungen (Zins und Tilgung) übernehmen. Eine vollständige Freistellung des Übergebers von den bisherigen Verbindlichkeiten, auch im Außenverhältnis gegenüber dem Gläubiger, setzt voraus, dass der Gläubiger die Schuldübernahme genehmigt. Der Übernehmer tritt dann mit schuldbefreiender Wirkung gemäß § 415 BGB in das bestehende Schuldverhältnis ein. Übergeber und Übernehmer sollten vorab mit dem Gläubiger abklären, ob er einer schuldbefreienden Übernahme gemäß § 415 BGB zustimmt. Für den Fall, dass die Genehmigung nicht erteilt wird, sollten Übergeber und Übernehmer im Vertrag klar regeln, dass der Übernehmer im Innenverhältnis dem Übergeber gegenüber verpflichtet ist, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen und somit den Übergeber von eventuellen Ansprüchen freizustellen. § 415 Abs. 3 BGB enthält diesbzgl. lediglich eine Auslegungsregel, sodass eine Klarstellung im Vertrag hierzu geboten ist.
Rz. 55
Auch ist vor Abschluss des Übergabevertrags zu prüfen, ob dem Gläubiger eventuell ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, wenn bei der regelmäßig als Sicherheit dienenden Sache (z.B. Grundstück oder Unternehmen) das Eigentum auf einen Dritten übergeht. Von der Schuldübernahme gemäß §§ 414 ff. BGB ist die Übernahme der dinglichen Grundpfandrechte zu unterscheiden. Die Grundpfandrechte werden im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge i.d.R. nicht vom Übergeber abgelöst, sondern vom Übernehmer übernommen.
2. Ertragsteuerrecht
Rz. 56
Die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Übernehmer führt bei ihm zu Anschaffungskosten. Dies gilt selbst dann, wenn die übernommenen Verbindlichkeiten nicht im wirtschaftlichen oder rechtlichen Zusammenhang mit dem übertragenen Vermögensgegenstand stehen. Beim Übergeber kann bei der (teil-)entgeltlichen Übertragung ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstehen (z.B. bei der Übertragung eines Grundstücks innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG, bei Übertragung einer wesentlichen Beteiligung gemäß § 17 EStG oder bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils). Liegt ein teilentgeltliches Rechtsgeschäft vor, ist das Rechtsgeschäft nach dem Verhältnis des Verkehrswerts zur Gegenleistung "wertmäßig" in einen vollentgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil aufzuspalten.
Beispiel
V hält GmbH-Anteile im Verkehrswert von 120.000 EUR. Er überträgt seine GmbH-Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn S, der hierfür Verbindlichkeiten des V i.H.v. 60.000 EUR übernimmt. V hatte die Anteile an der GmbH für 94.000 EUR erworben.
Lösung
V erhält ein Veräußerungsentgelt i.H.v. 60.000 EUR. Nach dem Verhältnis des Veräußerungsentgelts zum Verkehrswert ist die Beteiligung zu ½ entgeltlich übertragen worden. Der Veräußerungsgewinn wird nach § 17 Abs. 3 EStG nur insoweit zur Einkommensteuer herangezogen, als er den Teil der anteiligen Anschaffungskosten übersteigt.
Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG beträgt:
Veräußerungspreis |
60.000 EUR |
abzgl. ½ Anschaffungskosten des V |
47.000 EUR |
|
13.000 EUR |
3. Erbschaftsteuer
Rz. 57
Erbschaftsteuerlich stellt die Übernahme von Verbindlichkeiten von geringerem Wert als der zugewendete Vermögensgegenstand eine gemischt-freigebige Zuwendung und damit eine gemischte Schenkung dar. Demnach werden wie im Ertragsteuerrecht ein entgeltlicher und ein freigebiger Anteil ermittelt. Insoweit kann auf die Ausführungen zur erbschaftsteuerlichen Behandlung der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (siehe Rdn 35 ff.) verwiesen werden.
Schulden und Lasten sind nicht abzugsfähig, wenn diese in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die bei der Besteuerung nicht dem ErbStG unterliegen, § 10 Abs. 6 S. 1 ErbStG.
Schulden und Lasten, die mit einem nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigten unternehmerischen Vermögen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sind bei einer teilweisen Steuerverschonung dieses Vermögens auch nur in einem entsprechenden Umfang abzugsfähig, § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG. Stehen die Schulden und Lasten nicht in einem wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen des Erwerbes, sind diese anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zuzurechnen, § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG. Ist ...